Expansives Lernen in der virtuellen Praxis

Ungefähre Lesezeit (inklusive oft umfangreicher Anmerkungen und Fußnoten): 43 Minuten

Diese reflexive Auswertung eines Moduls im Studienverbund BASA-Online, das im Januar und Februar 2023 stattgefunden hat, ist unsererseits als bewusste Auseinandersetzung unsere Erlebnisse darin entstanden. Wir, das sind Christine Reitinger als Studentin und Teilnehmerin in diesem Modul und ich, Alexander Klier als Lehrbeauftragter. Unsere Reflexion erfolgte entlang der Lerntheorie von Klaus Holzkamp und sollte uns primär klären helfen, wie das von ihm so bezeichnete expansive Lernen im Hochschulkontext stattfinden kann. Die dahinter stehende Lerntheorie scheint uns deshalb besonders gut geeignet zu sein, weil sie hilfreich in der Betrachtung des Umstandes ist, dass Didaktik und Lehre nicht zwingend die Lernprozesse bzw. das Lernen von Studierenden, also die Mathetik, adressieren.

In deutlicher Abgrenzung zu einer evidenzbasierten Pädagogik verstehen wir unseren Beitrag als reflexive Praxis bzw. als „Epistemologie der Praxis“, d.h. als Verbindung von wissenschaftlichem Wissen und professionellem Handeln in der Praxis (Cendon 2017, S. 40). Dies vor allem deshalb, weil die evidenzbasierte Pädagogik als politisches Programm ihren Zweck in der Messung im Sinne einer „besseren Kontrolle der pädagogischen Praxis“ sieht (Herzog 2011, S. 123). Wir dagegen wollen diese Praxis qualitativ erkunden, um damit wiederum zu einem besseren Verständnis im Einsatz zu kommen. Das gilt ganz besonders für die virtuelle Praxis.[1]Das Augenmerk dieses Textes liegt also auf der Reflexion, wie Erwachsenenbildung in einem Modul der Erwachsenenbildung zum virtuellen Lernen der typischen Themen führen kann.

Am Ende ist daraus ein echter Erfahrungsberichte und sogar ein Fallbeispiel geworden, das gegebenenfalls in entsprechenden Publikationsorganen geeignet aufzubereiten ist. Vor allem aber gilt für dieses Seminar, dass erst in der Reflexion der Lerner:innen auf Ihren eigenen Lernprozess, wie auch auf die Lernprozesse in den Projektgruppen, das Lernen selbst „sichtbar“[2]Dies bezieht sich zum einen kritisch auf die Metastudie von Hattie, die vorgibt, dass Lernen sichtbar zu machen. Demgegenüber hat Graham Nuthall immer wieder und deutlich empirisch heraus … Continue reading werden kann. Das betrifft auch das Lernen von mir als Lehrbeauftragtem in diesem Modul und mit dieser Gruppe.

Einleitung

For decoupling learning from teaching and arguing that learners learning in practice is the basic issue, were conclusions long anticipated by Klaus Holzkamp’s work on learning.“

Jean Lave 1997, S. 127

Das Lernen Erwachsener im Rahmen eines berufsbegleitenden Studiums erfolgt in den meisten Fällen selbstständig und eingebettet in einen aktiven Handlungskontext (vgl. Mandl & Kopp 2006). Die Studierenden bringen dabei Berufspraxis und Lebenserfahrung mit und sind meist auch darin geübt, im Team zu arbeiten. Sie profitieren deshalb besonders von Lehrveranstaltungen, die diese Vorerfahrungen, Einstellungen und Interessen berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund ist es sehr vorteilhaft, den Fokus des Vermittelns auf Lerngemeinschaften zu legen (vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl 2001).

Gleichzeitig ist für ein solches Studium eine große Bandbreite an subjektiven Einschätzungen, individuellen Lernstrategien (Wild 2005) und persönlichen Herangehensweisen an die jeweils zu lernenden Inhalte vorhanden. Diese sind vordergründig weder für die Lehrenden, noch für die Studierenden sichtbar. Sie zu adressieren ist insofern schwierig. Dennoch gilt es, die bereits vorhandene Expertise einzubeziehen, um das dahinter stehende Wissen beispielhaft mit der Praxis zu verknüpfen. Zentral ist es dafür, das eigene Lernen in den verschiedenen Themenbereichen zu reflektieren, also die metakognitiven Fähigkeiten curricular vorzusehen und in den Ablauf der Veranstaltung zu integrieren (vgl. dazu Bransford et al. 1999 sowie Cendon et al. 2016).

Lehre und Lernen umfassen am Ende unterschiedlichste Vermittlungssituationen, die für Klaus Holzkamp (1991 & 1996) von zwei grundsätzlichen Handlungslogiken geprägt sind: der Logik des Lehrens (Didaktik) auf der einen Seite und der Logik des Lernens (Mathetik) auf der anderen Seite. Dem entsprechen auch zwei Beobachtungsstandpunkte von Lehr- und Lernsituationen: der Standpunkt der Organisation bzw. der Lehrenden als Außenstandpunkt (gegenüber dem Lernen) und der (subjektive) Standpunkt der lernenden Subjekte als Innenstandpunkt des Lernens mit entsprechenden Lernstrategien (vgl. hierzu Ludwig 2016).

Im Bereich der Hochschulen und Universitäten überwiegt aus verständlichen Gründen mit übergroßer Mehrheit die Sichtweise von Lehrenden bzw. der Didaktik als Außenstandpunkt auf diese Situationen. Doch eine bessere Didaktik in der Lehre trägt nicht zwingend zu einem besseren Lernen, oder gar dem Verständnis der Lernprozesse, bei. Insofern wollen wir im weiteren Verlauf diese zwei Handlungslogiken deutlich aus unseren Rollen im Rahmen des Moduls heraus und den jeweiligen Erfahrungen darin unterscheiden.

Lehrende …

Lehrende benötigen neben der fachlichen Kompetenz nicht nur Wissen über innovative Lehrmethoden (vgl.dazu Rau & Rieckmann 2023), sondern auch die Fähigkeiten zur Anwendung der Methoden im Sinne der Gestaltung von Lernprozessen. Gerade wenn der subjektive Standpunkt der Lerner:innen in die Lehre einbezogen werden soll setzt dies voraus, etwas über das Lernen zu wissen und die Lernfähigkeit von Menschen gezielt zu adressieren. Viele so genannte Lernmethoden nehmen demgegenüber eine explizit didaktische Perspektive ein, stellen also eigentlich Lehrmethoden dar.

Im deutschen Diskurs hat sich für diejenigen Methoden, die zwar„als charakteristisch für guten Unterricht“ (Renkl 2015, S. 214) gelten, aber wenig zur Erklärung eines Lernerfolges beitragen, der Begriff der Sichtstrukturen etabliert. Davon unterschieden wird im Fachdiskurs die Tiefenstruktur des Lernens als der unsichtbare Teil der Lernprozesse, die „eine größere Erklärungsmacht für den Lernerfolg“ haben (Trautwein, Sliwka & Dehmel 2018, S. 2). Trotz der Betonung des Umstandes, dass die Tiefenstrukturen die „Qualität der Interaktion zwischen den Beteiligten“ (a.a.O., S. 11) adressieren fehlt es oft genug an einer Theorie, welche die Wirkungsweise dieser Strukturen erklären und den entstehenden Lerneffekt einordnen kann.[3]Gerade unter dieser Perspektive hilft die Lerntheorie von Klaus Holzkamp bei der Einordnung, weil die handlungstheoretische Perspektive auf eben jene Tiefenstrukturen blickt. „Mit der Einnahme des … Continue reading

Deshalb lohnt es sich für Lehrende genauer auf das Lernen im Sinne der Prozessgestaltung zu blicken, die Veranstaltung also mathetisch zu denken und aufzubauen. Lernen ist in den Worten von Malte Brinkmann (2020, S. 2) nämlich ein „Entzugsphänomen“. Als solches ist es für Lehrende nicht direkt sichtbar. Mehr noch: Es entzieht sich oft genug auch der willentlichen Steuerung der Lernenden. Eine didaktische „Herstellungsperspektive“ von Wissen im Sinne einer Vermittlung mit den „richtigen“ Lehrmethoden ist unter dieser Perspektive schlichtweg falsch.

… und Lernende

Ein berufsbegleitendes Online-Studium wie das des BASA-Online eröffnet Erwachsenen, die in der Regel voll im Berufsleben stehen, die Möglichkeit, ihr praktisches Erfahrungswissen aus sozialpädagogischen Beschäftigungsfeldern heraus theoretisch zu untermauern. Die meisten Studierenden gehen dabei mit einer expansiven Haltung an das Studium heran, erhoffen sie sich doch vom Hochschulabschluss eine Verbesserung ihrer persönlichen oder beruflichen Situation sowie den Aufbau speziellen Wissens. Das Lernen an sich steht dabei erst einmal nicht im Vordergrund, es dient eher als Mittel zum Zweck.

Eine die Praxis integrierende Ausrichtung berücksichtigt von vornherein die unterschiedlichen Voraussetzungen und Lernbedingungen, indem Wissen unter Anwendungsgesichtspunkten erworben werden kann und gleichzeitig die systemische Vernetzung im Berufs- und Privatleben der Studierenden in den Blick genommen wird (vgl. Siebert 2004). Damit können am Ende sowohl die thematischen Inhalte, als auch die Lehrformen und Lehrmethoden kritischer hinterfragt werden (vgl. hierzu Tippelt & Kadera 2004).

Für die meisten Studierenden des BASA-Online bedeutet der Beginn eines solchen berufsbegleitenden Studiums primär jedoch erst einmal einen Rollenwechsel. Es bedeutet genauer, sich aus der Position der Lehrenden, wie die Rolle als Erzieher:in, Heilpädagog:in oder Betreuer:in in der Praxis oft wahrgenommen wird, wieder hineinzubegeben in die Situation von Lernenden. Die hierbei zutage tretenden Verschiebungen in der Wahrnehmung und die praktisch erlebte Diskrepanz zwischen den eigenen Wunschvorstellungen und den von außen herangetragenen Erwartungen seitens des Hochschulbetriebes, wie auch der Dozent:innen oder der Kommiliton:innen, können Unsicherheit erzeugen und Widerstand hervorrufen.

Wie wir vorgegangen sind

Dieser Beitrag hat sich als Möglichkeit erst nach der Durchführung und Auswertung des Moduls ergeben. Mit anderen Worten: es handelt sich hierbei nicht um ein empirisches Experiment oder von vornherein darauf angelegte Untersuchung. Erst der reale Verlauf mit dieser starken und sehr reflexiven Gruppe von Studierenden hat uns beiden diese Möglichkeit eröffnet. Was vor allem bedeutet, dass sich die Forenbeiträge im Seminar, die von den Studierenden verfasst worden sind und auf die hier oft rekurriert wird, unmittelbar aus dem Seminar- und Lernzusammenhang ergeben haben.

Im nächsten Kapitel beschreiben wir den näheren Aufbau des Moduls und seinen Stellenwert im Rahmen des Bachelorstudiengangs. Kapitel 3 wird sich dem Thema des expansiven Lernens widmen, das wir auf der Grundlage der Lerntheorie von Klaus Holzkamp deuten werden. Kapitel 4 untersucht und beschreibt aus der Lehrendensicht, wie die Gruppen- bzw. Projektarbeit angelegt war. Aus der Perspektive der Lernenden wollen wir betrachten, ob das Vorgehen funktioniert hat und was dabei bezüglich der beiden unterschiedlichen Handlungslogiken erlebbar war.

Kapitel 5 widmet sich den Lernwiderständen, die sich recht bald im Modul gezeigt haben. Auch hier möchten wir explizit beide Handlungslogiken getrennt betrachten. Insbesondere rekurrieren wir hier auf Forenbeiträge von Studierenden, weil dieses Thema als Vorfall und damit tatsächlicher Bestandteil im Ablauf des Seminars behandelt wurde. Das letzte Kapitel gilt der Reflexion auf das Modul insgesamt wie auch einer Zusammenfassung des Erlebens unserer gemeinsamen Vorgehensweise im Rahmen dieses Beitrags.

Viel mehr noch als die reflexive Analyse eines gemeinsam erlebten Moduls ist diese Art des kollaborativen Schreibens für uns beide neu. Insofern mussten wir uns erst einmal darüber verständigen, wie wir die je eigenen Perspektiven bestmöglich und nachvollziehbar einbringen können. Von Kapitel 4 an haben wir daraufhin konsequent die zwei Perspektiven eingenommen um die je eigene Handlungslogik zu greifen. Persönliche bzw. individuelle Erlebnisse haben wir bewusst aus der Ich-Perspektive beschrieben, um die dahinterliegende Handlungslogik deutlich zu konturieren.

Am Ende möchten wir noch den Hinweis anbringen, dass die Zitate von Christine Reitinger aus eben jenem Kurs stammen, also Anfang 2023 von ihr geschrieben und in den Foren hinterlegt worden sind. Das war noch vor der Idee zu diesem Artikel.[4]In der Tat hat mich (A.K.) das sehr offene und konstruktive Abschlussfeedback von Christine sowohl in der Idee bestärkt, einen Beitrag über dieses Modul zu schreiben, als auch überhaupt erst auf … Continue reading Insofern haben wir die Zitate entsprechend im Literaturverzeichnis aufgenommen. Die Zitate der restlichen Studierenden haben wir, sofern Sie wörtlich wiedergegeben sind, lediglich mit Student:in gekennzeichnet, um die Anonymität zu wahren.

Formales zum Modul

In aller Vorsicht lässt sich sagen, dass erst mit konsequent gedachter Begründungslogik ein Paradigmenwechsel zum Standpunkt des Lerners gelingt.“

Anke Grotlüschen 2004, S. 69

Der Bachelor „Soziale Arbeit Online“ wird in einem Hochschulverbund von acht Hochschulen als berufliche Weiterbildung angeboten.[5]Für weitere Detailangaben zum Studiengang ist die Webseite unter https://www.basa-online.de/ sehr empfehlenswert. Sie enthält alle notwendigen Angaben und Rahmenbedingungen. Auch der Modulkatalog … Continue reading Der Studiengang ist dabei insgesamt als Blended Learning Studium in Teilzeit mit ca. 75% Online- und 25% Präsenzanteilen auf 4 Jahre hin angelegt. Zielgruppe des Studiengangs sind Berufstätige im Bereich der Sozialen Arbeit, die neben ihrem Beruf einen Abschluss als Bachelor der Sozialen Arbeit erwerben möchten. Der Altersdurchschnitt liegt in der Regel zwischen 35 und 40 Jahren.

Das hier beschriebene Modul O 10.4.2 hat den formalen Titel „Sozialpädagogische Herausforderungen, Konzepte und Interventionen in der Bildungsarbeit mit Erwachsenen“. Es handelt sich um einen Wahlschwerpunkt im vierten Semester. Daran nehmen vor allem diejenigen Studierenden teil, die ihre Zukunft im weiten Feld der Erwachsenenbildung sehen. Das Modul ist ausschließlich als Onlinemodul nach dem Prinzip der Fernlehre konzipiert.

Das Modul im Curriculum des BASA-Online Studiums

In diesem Studiengang ist grundsätzlich eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis vorgesehen (siehe hierzu auch Einschub 1). Je nach Modulinhalt und Präferenz der Lehrbeauftragen kann diese Verbindung unterschiedlich ausgestaltet werden. Häufig orientiert sich die didaktische Gestaltung an den klar vorgegebenen Rahmenbedingungen der Hochschulen in Bezug auf die zeitliche, inhaltliche und organisatorische Abwicklung.

Die Studierenden sind zum ersten Mal als spezielle Gruppe beieinander, wobei es aber durchaus häufig Bekanntschaften von der ursprünglichen Hochschule her gibt. Auch der Lehrbeauftragte ist für die Studierenden neu. Die erste Herausforderung besteht insofern bereits zu Beginn für beide Seiten darin, schnell Klarheit über die genauen Bedingungen des Moduls bezüglich der Interessen der Lerngruppe und schließlich der gemeinsamen Motivationslage zu bekommen. Das betrifft aus Sicht der Studierenden insbesondere den allgegenwärtigen und immer „drohenden“ Leistungsnachweis am Ende, der zumeist „fremdverordnete, ich-fremde Leistungen“ (Cohn 1974, S. 626) in den Vordergrund stellt.[6]„Beide [Arten von Unterricht] verlangen, dass der Student seine ganze Anstrengung für Leistungen hergibt, die weder er noch sein Lehrer bestimmt haben und die weder seiner inneren Entfaltung, noch … Continue reading

Der formale Aufbau des Moduls

Inhaltlich gibt es über den Verlauf des Moduls hinweg zwei große Schwerpunktthemen, das lebenslange Lernen und die (Kultur der) Digitalität der Erwachsenenbildung. Die Inhalte werden in Form von Arbeits- bzw. Projektgruppen von jeweils etwa 3 Wochen Dauer erarbeitet. Dafür stehen in Gruppen sowohl ein Basistext zur Verfügung, als auch die Möglichkeit einer freien Internetrecherche.

Die Ergebnisse der ersten Arbeitsgruppen sollen in einem dafür eingerichteten Kurswiki hinterlegt werden, die Ergebnisse der Projektgruppen können dagegen im „medialen Freistil“, also sowohl als Text, als auch als Videobeitrag oder Audiodatei organisiert und präsentiert werden. Um die Ergebnisse der Teilgruppen wieder in die Gesamtgruppe als Inhalte in den Kurs zurückzubringen werden sie im Rahmen einer (freiwilligen) Zoom-Sitzung vorgestellt.

Wie […] hab auch ich den Eindruck, dass der Lernprozess, das nachhaltige Lernen und das individuelle Wachstum im Fokus des Moduls stehen. Das nimmt auch bei mir ein wenig den Druck raus und sorgt dafür, dass mich die Unsicherheit NICHT hemmt grundsätzlich am Modul teilzunehmen, sondern mich bestärkt mich auf die neue Erfahrung einzulassen.“

Student:in

Trotz der Transparenz in Form einer Information bereits vor dem offiziellen Beginn des Moduls wurde sowohl die Kommunikation, als auch die Art des Lehrens in diesem Modul als eher unkonventionell – und deshalb schwer einzuschätzen – empfunden. Mit dieser Situation gingen die Studierenden sehr unterschiedlich um. Die meisten waren angenehm überrascht und konnten sich gut auf eine Begegnung auf Augenhöhe einlassen sowie die Möglichkeit nutzen, sich Wissen selbstbestimmt anzueignen. Einige wenige aber hatten zum Teil deutliche Vorbehalte, was sich später in Lernwiderständen zeigte (Kapitel 5).

Die reflexiven Elemente des Moduls

Ein reflexives Vorgehen bezüglich der Lernprozesse ist für jeden Kurs, in dem dies passieren soll, eine zentrale Herausforderung (vgl. hierzu Cendon et al. 2016). Mittlerweile gibt es deshalb im virtuellen Raum viele reflexive Methoden und Tools.[7]Da ist zum einen die Möglichkeit, virtuelle (Zoom) Sitzungen aufzuzeichnen und im Nachgang allen Studierenden zur Verfügung zu stellen, also ausdrücklich nicht nur denjenigen, die beispielsweise … Continue reading Metakognitiv gesehen zielten die hier eingesetzten Methoden auf die Reflexion der eigenen Erfahrungen, die vorhandenen Interessen oder auch die Beweggründe der Studierenden bezüglich des behandelten Themas ab. Die reflexiven Elemente des Moduls führten zu einer oft sehr intensiven Diskussion der Studierenden untereinander und die verschiedenen Sichtweisen machten die thematischen Diskussion äußerst lebendig und spannend.

Damit trugen sie dazu bei, sich praktisch mit theoretischen Inhalten zu befassen und diese im Austausch mit Kommiliton:innen auf die jeweiligen Berufsfelder, bisher gemachte Erfahrungen oder die zukünftigen eigenen Rollen in der Erwachsenenbildung zu übertragen. Dem Lehrenden wiederum gewährleisteten vor allem die Impulse, mit den Studierenden in einen echten (kollegialen) Austausch bezüglich ihrer jeweiligen Praxis zu kommen. Besonders hervorheben möchten wir, dass gerade der virtuelle Raum unserer Einschätzung nach eine deutlich intensivere und reflexivere Auseinandersetzung ermöglicht, als der analoge direkte Kontakt. Dies gilt besonders für die Forendiskussionen, wie Sie in diesem Modul zum Tragen kamen – wenn ein entsprechend passendes Interaktionsschema angewandt wird (vgl. hierzu auch Einschub 2).

Als zentrale Reflexionsmöglichkeit wurden für das Modul sogenannte Impulse entwickelt und eingesetzt. Im Prinzip geht es um kurze Texte bzw. um in einer kürzeren Zeitspanne bearbeitbare Medien, die spezifische Inhalte, passend zum jeweiligen Inhalt des Lernabschnitts, kritisch aufgreifen. Dabei wird ein erster Diskussionsvorschlag in Form eines Exzerptes mit Zitaten von Seiten des/der Lehrenden erstellt. Technisch gesehen wird das über das spezielle Werkzeug „Dateidiskussion“, das OLAT dafür bereithält, organisiert.

Bei den Impulsen geht es bewusst nicht um die Wiedergabe der eigene initialen Interpretation des Inhaltes durch den/die Lehrende (das Exzerpt), sondern um die Beantwortung der hinterlegten Reflexionsfragen. Diese Fragen sollen von den Studierenden wiederum nicht „abgearbeitet“ oder „abgehakt“ werden, sondern tatsächlich dazu einladen, zu reflektieren und die eigenen Positionen widerzuspiegeln oder Erfahrungen zu schildern. Konsequenterweise konnten die entstehenden Beiträge auch nicht inhaltlich, sondern lediglich formal, im Sinne einer regelmäßigen Teilnahme, zu einer Beurteilung führen.

Es gab im Modul insgesamt fünf durchgeführte Impulse (geplant waren sechs). Das formale Kriterium – als Koppelung an den Leistungsnachweis - war, im Modulverlauf mindestens drei Impulse aktiv mit einem eigenen Beitrag, der auch sehr kurz sein durfte, zu kommentieren und auf mindestens drei Kommiliton:innen zu antworten. Die formale Kriterien der Impulsdiskussion wurde von (nahezu) allen Studierenden erfüllt.

Formal waren 21 Studierende in das Modul eingeschrieben. Die fünf Ihnen zur Verfügung stehenden Themen und die Statistik im Überblick:

  1. Der Impuls von Anke Grotlüschen & Judith Krämer (2009) führt in das Thema Interesse und Interessengenese (in der Erwachsenenbildung) ein.
    • Auf diesen Impuls hin gab es insgesamt 45 Beiträge.
    • Zur Sprache kam von Seiten der Studierenden, wie vielschichtig die Motivationen und Interessen in der Erwachsenenbildung sind, und dass das Interesse an diesem Studiengang vorrangig vom Ziel des Abschlusses abhängig ist und nicht von den Inhalten.
  2. Der zweite Impuls von Joachim Ludwig (2016) hatte lehr- und lerntheoretische Ansätze der Erwachsenenbildung zum Inhalt.
    • Im Rahmen dieses Impulses gab es 52 Beiträge.
    • Reflektiert haben die Studierenden hier das Verhältnis zwischen Lerntheorien und praktischen Gestaltungsmöglichkeit pädagogischer Veranstaltungen. Deutlich wurde der Wunsch nach expliziten Techniken, Verfahren und Konzepten geäußert, da oftmals die Erfahrungen und die Sicherheit fehlen würde, in Seminarsituationen souverän handeln zu können.
  3. Der dritte Impuls stammt von Klaus Holzkamp (1991) und geht der Frage nach, ob Lehre nicht eine Lernbehinderung darstellen würde.
    • Zu diesem Impuls gab es insgesamt 50 Beiträge.
    • In diesem Zusammenhang thematisierten viele Studierende ihre eigenen Erlebnisse expansiven wie auch defensiven Lernens. Und das nicht nur auf die Schule bezogen. Zugleich führten sie Argumente ins Feld, warum und wann das expansive Lernen stattgefunden habe und dass Erwachsenenbildung um des Lernens Willen geschehen solle
  4. Deutlich weniger Beiträge und damit Reflexionen gab es auf die letzten beiden Impulse.
    • Das Thema Pädagogisierung (Ribolits 2004) hatte noch 31 Einträge und
    • das Thema adaptive Lernpfade bzw. Digitalität der Erwachsenenbildung (Kerres et al. 2023), als ziemlich aktuelles Thema, hatte nur noch 21 Einträge zu verzeichnen.
    • Insbesondere mit dem Aufsatz von Erich Ribolits gelang es, die gesellschaftliche Dimension und Problematik der Orientierung im Bereich der Erwachsenenbildung hin zu einer Employability, wofür auch dieser Studiengang durchaus steht, zu betonen.

Die Beiträge im Sinne einer Diskussion umfass(t)en jeweils auch die unterschiedlich intensive Beteiligung als Lehrender im Sinne von persönlichen Antworten auf die Posts der Studierenden. Es ging also explizit nicht darum, allgemeine Hinweise, für alle Studierenden zutreffen, zu verfassen und zu posten.

Expansives Lernen

Trotzdem fühlte ich mich zu keinem Zeitpunkt überfordert und hatte stets das Gefühl, genau das zu tun und zu lernen, was ich aus eigener Motivation heraus möchte.“

Reitinger 2023

Im Hochschulkontext wird erwartet, dass Studierende wesentliche Anteile ihres Studiums „selbständig und eigenverantwortlich gestalten und bewältigen“ (Wild 2005, S. 191). Dabei wird unterstellt, dass sie damit das freiwillig tun, was sie dazu tun müssen, nämlich zu lernen. Doch ob in den einzelnen Veranstaltungen wirklich inhaltlich gelernt wird hängt aber nicht von der Entscheidung für das Studium als „Sekundärmotiv“ (Cohn 1974, S. 631) ab. Gerade im stark regulierten Hochschulkontext ereignet sich viel öfter das, was Klaus Holzkamp defensives Lernen nennt, weil zunächst gar keine persönliche Lernproblematik vorliegt.

Aber das Lernen und der Lernstoff haben mir nie Spaß gemacht, – ich habe es einfach gemacht.“

Student:in

Das hat modul- und hochschulübergreifende Hintergründe, vor allem aber mit den dahinter liegenden Handlungslogiken zu tun. Von diesen Logiken möchten wir auf drei wesentliche, die aus unserer Sicht mit der Frage des expansiven Lernens verbunden sind, besonders hinweisen. Im Nachgang werden wir die Aspekte näher ausführen und unter der je spezifischen Sichtweise von Lehrenden, Lernenden und von Seiten der Organisation her beschreiben :

  1. Die Handlungslogik von Lehrenden: Grell und Rau weisen in ihrem Aufsatz von 2011 darauf hin, dass viele Hochschulen hochgradig reproduktionsorientiert sind. Dies korreliert häufig mit einer Gleichsetzung von Lehre mit Lernen, was sich deutlich an digitalen Lerntools und Medien festmachen lässt, die zum Einsatz kommen. Sie werden bereits begrifflich als Learning bezeichnet, obwohl es sich doch überwiegend um ein klassisches Teaching handelt (vgl. hierzu Sesink 2003).
    Der von ihnen zu vermittelnde „Stoff“ wird in diesem Fall beständig „mit Lehrinhalten gleichgesetzt.“ Auch in den meisten Theorien des Lernens ist die implizite Logik hinterlegt, „dass Lernen wesentlich als Lehren vor sich geht“ (Holzkamp 1991, S. 7). Für diese Gleichsetzung, die impliziert, dass, wenn gelehrt wurde zugleich auch gelernt worden ist, hat Klaus Holzkamp den Begriff des Lehr-Lern-Kurzschlusses, geprägt.[8]Auch der Umstand, dass es zwar vielfach an den Hochschulen eigene Abteilungen gibt, die sich der Didaktik und Verbesserung der Lehre widmen, gibt insofern zu denken, als dem bisher eher selten eine … Continue reading
  2. Die Handlungslogik von Lernenden: Im Zentrum der Lehrveranstaltungen stehen deshalb normalerweise nicht die eigenen Interessen der Studierenden am Lernstoff, sondern die möglichst präzise (und dazu didaktisch gut aufbereitete) Vermittlung dessen, was in der jeweiligen Disziplin bereits bekannt ist.[9]Dies geht bis hin zu Berichten, dass ein Auswendiglernen „zu besseren Noten“ führt„als eigenständiges Denken und Hinterfragen“ (Grell & Rau 2011, S. 18). Gerade dadurch aber wird der zu vermittelnde Inhalt meistenteils „unbezogen auf sich selbst“ als Lerner:in erlebt (Cohn 1974, S. 631).
    Lerngründe als Grundlage willentlicher Lernhandlungen von Studierenden kommen hier nicht vor, weshalb gar nicht so selten auch auf Seiten von Studierenden „interessiert-anforderungsgemäßes Lernen vorgetäuscht“ wird (Holzkamp 1991, S. 9).[10]„But this way of ‚playing the game‘ is neither a form of participation nor will it lead automatically to learning. It is a strategy to cope with the situation and is an adaptation to the … Continue reading Gerade bezüglich des Leistungsnachweises gilt insofern, dass eine Beurteilung des Lernerfolges ausschließlich „aufgrund des Outputs […] inakzeptabel“ (Herzog 2011, S. 139) ist.
  3. Die (Handlungs-) Logik der Organisation Hochschule: Die Lehre an Hochschulen ist eingebettet in kulturelle Lehrvorstellungen und bildungspolitische Lernvorgaben. Vor allem diesbezüglich steuert die allgegenwärtige Überprüfung der Leistungen als hinterlegte „Ausführungskontrolle“, in Form von Lob und Bestrafung, die Lernprozesse. Die Kontrolle des Lernens tritt auch und besonders dann auf, wenn „gute Leistungen (durch Lob, Zensuren etc.) honoriert werden“ (Holzkamp 1991, S. 9). Aus diesem Grund führen die meisten Leistungsnachweise als „ich-fremde Leistungen“ (Cohn 1974, S. 626) eher zu einem defensiven Lernverhalten bei Studierenden. Dieses beinhaltet „alle Arten des Schummelns, Abschreibens, Auswendig-Lernens mit anschließendem Vergessen“ (Grotlüschen 2005, S. 18).[11]Alle „didaktischen Zurichtungen“ (Holzkamp 1996, S. 31), die Lehrende anwenden, um mit diesen Rahmenbedingungen vernünftig umzugehen, stellen in den Augen von Klaus Holzkamp einen vergeblichen … Continue reading

Die Sicht von Lehrenden

Das für ein erfolgreiches Studium notwendige expansive Lernen zu ermöglichen gelingt aus der Sicht von Klaus Holzkamp erst dann, wenn der subjektive Standpunkt, also die je individuellen Lebensbedingungen, Erwartungen und Handlungsbegründungen der Studierenden Gestaltungsgrundlage der Lehrveranstaltungen werden. Das ist durch ein Lehrverständnis im Sinne eines „belehrt werdens“ der Studierenden, bzw. als reines Instruktionssetting, prinzipiell nicht möglich. In diesem Fall dürfen und können nämlich die Studierenden weder sich, noch gar ihre (Lern-) Gründe „zeigen“, um daran als Lehrende:r anknüpfen zu können.

Beim Nachdenken über meine expansiven Lernerfahrungen wurde mir bewusst, dass diese meine persönliche Entwicklung enorm beeinflusst haben […] Ich habe gelernt, mich ohne Unsicherheiten in Gruppen zu bewegen, mich zu öffnen und etwas von mir preis zu geben.“

Student:in

Soll expansives Lernen stattfinden, dann müssen sich die Lehrenden von dieser organisationalen Anforderung emanzipieren dürfen. Denn eine Lehre, die expansives Lernen ermöglicht, erfordert es, das zu praktizieren, was mit dem einführend beschriebenen Studiengang intendiert ist: die metakognitive Verbindung von Theorie und Praxis beispielsweise durch (echtes) Feedback (vgl. hierzu Gerber, van Treeck & Schön 2018 sowie Klier 2021).[12]Die Unterscheidung in verschiedene Formen von Feedback ist notwendig, denn oft genug ist mit Feedback gar nicht Feedback gemeint, sondern lediglich eine Rückmeldung angezeigt. Feedback in dem Sinne, … Continue reading Konsequenterweise bedeutet das, den Studierenden neben den Inhalten gute Gründe für den Erwerb zusätzlicher Handlungsoptionen bzw. von Problemlösekompetenzen zu offerieren. Erst durch die Lehrenden entsprechend organisiert können sich die Lernenden die verschiedenen Tätigkeitsfelder der sozialen Arbeit expansiv auf eine neue Art und vor allem selbstbestimmt erschließen.

Expansives Lernen aus Sicht der Lernenden

Die Herangehensweise von Studierenden an die verschiedenen Lernanforderungen erfolgt zunächst und mit guten Gründen in spiegelbildlicher Erwartung dessen, was an Hochschulen und Universitäten üblich ist: Eine oftmals instruktional geprägte Lernkultur. Diese Erwartung zeigt wesentlich das zugrunde liegende Lehrverständnis. Ein in einer solchen Kultur angelegter Lernprozess ist aber in der Regel nur bedingt erfolgreich für kompetentes Handeln in der Praxis, weil dieses nicht ausschließlich über das Lernen der Inhalte erworben werden kann (vgl. hierzu Sinha & Kapur 2021).

Somit kann ich Rückblicken [sic] festhalten, dass für mich ein Wendepunkt in meinen Lernerfahrungen während der Schulzeit die Mitschüler waren. Die expansive Lernatmosphäre in der Klassengemeinschaft hat mich stark motiviert und vorangebracht“ (Student:in).

Das eigentlich angestrebte und notwendige expansive Lernen, als freiwilliges Aneignen der Lerninhalte und Aufbau von Kompetenzen, kann nur dann stattfinden, wenn Studierende deshalb lernen, weil sie „das Zu-Lernende als inhaltlich für sich selbst nützlich oder wissenswert“ (Holzkamp 1991, S. 8) betrachten bzw. etwas abstrakter: „wenn das Lernsubjekt selbst entsprechende Gründe dafür hat“ (1996, S. 29).[13]Die Lerntheorie von Klaus Holzkamp stellt insofern die reglementierende und didaktische Funktion von Lernen im Sinne von „belehrt werden“ gründlich in Frage. Er spricht mit seiner Theorie auch … Continue reading Es tritt als intentionales Lernhandeln in Erscheinung, also als eine Handlung, die „von der lernenden Person gezielt beabsichtigt wird“ (Faulstich & Grell 2003, S. 8).

Relevant ist dabei, dass der subjektive Standpunkt der Lernenden nicht nur eine bestimmte Perspektive auf die Lehr- und Lernsituation impliziert, sondern auch die Form, wie damit in den möglichen Diskursen und Reflexionen umgegangen wird, prägt. Wird expansives Lernen ermöglicht, so kann das zunächst in einem deutlichen Widerspruch zu den Erwartungen stehen, dass die Lehrenden für das Lernen zuständig seien, und Widerstände auslösen.

Der Leistungsnachweis

Die Gestaltung des Leistungsnachweises bestimmt von Anfang den Prozess des Lernens in den Lehrveranstaltungen, weil die Studierenden ihre individuelle Lernstrategie daran ausrichten (vgl. hierzu Wild 2005).[14]Klaus-Peter Wild (2005) unterscheidet bezüglich der Lernstrategien an Hochschulen zwischen der Oberflächenstrategie von Wiederholungen und tiefen Strukturen des komplexen und sinnverstehenden … Continue reading Insofern müssen und wollen sie bereits zu Beginn einer Lehrveranstaltung wissen, „welche Prüfungen am Ende auf sie warten“ (Prüfungskultur o.J.).[15]Nicht umsonst ist einer der wichtigsten Hinweise für neue Lehrende in einem Studiengang, wie er auch mir (A.K.) gegeben worden ist, von Anfang an ganz transparent zu machen, welche Art von … Continue reading Steht die Wiedergabe des gelernten Stoffes aus dem Gedächtnis an, dann tritt die expansive Frage, was genau inhaltlich gelernt werden soll, sofort in den Hintergrund. Defensiv geht es dann unmittelbar um die Frage, was am Ende als Ergebnis der Prüfung stehen muss, um den Kurs gut zu bestehen.

Bei mangelnden Elaborationsstrategien ergibt sich die Interpretation einer mangelnden motivationalen Grundlage bei Studieninhalten die nur aufgrund ihrer Prüfungsrelevanz und nicht auf der Basis von Studieninteressen erarbeitet werden.“

Wild 2005, S. 201

Für die expansive Planung einer Lehrveranstaltung ist es insofern entscheidend, bezüglich des von der Studienordnung her meist zwingend vorgeschriebenen Leistungsnachweises Anpassungen vorzunehmen. Erst ein entsprechend angelegter Leistungsnachweis mitsamt seiner Beurteilung gewährleistet es, notwendige „Tiefenverarbeitungsstrategien“ (Wild 2005, S. 197) beim Lernen zu evozieren sowie die daraus folgenden „qualitativ hochwertige[n] Lernresultate der Studierenden“ (a.a.O., S. 198) angemessen erfassen und beurteilen zu können.

Im beschriebenen Modul waren insbesondere die Gruppenarbeitsphasen explizit dem Absolvieren des Leistungsnachweises gewidmet bzw. geschuldet. Aber auch die obligatorischen Beiträge zu den Impulsen waren ein nicht unerheblicher Teil der Benotung am Ende. Grundsätzlich ist das erst einmal eine sehr typische Ausgangssituation, in welcher die drei Handlungslogiken zusammenkommen und Lehrende versuchen können, „die Studierenden mit Hilfe von externer Kontrolle und extrinsischer Motivation zu einer aktiven Beteiligung zu bewegen“ (Grell & Rau 2011, S. 13f).

Plan, Durchführung und Leistungserbringung

Plötzlich war ein expansives Lernen gegeben und es machte mir Spaß zur Schule zu gehen. Eben dies möchte ich in meinem zukünftigen Handeln in der Erwachsenenbildung beherzigen.“

Student:in

Wie einführend beschrieben geht es in diesem und dem nächsten Kapitel um die konkrete Planung und Durchführung des Moduls unter obigen Prämissen sowie darum, wie wir das Modul jeweils erlebt haben. Hier werden wir von Anfang an und konsequent unsere beiden Perspektiven aus der subjektiven Sicht beschreiben, um die verschiedenen Handlungslogiken zu verdeutlichen. Insofern haben wir auch immer namentlich gekennzeichnet, wer von uns beiden schreibt. Für die wissenschaftlichen Hintergründe arbeiten wir mit theoretischen und methodischen Einschüben in den Unterkapiteln.

Alexander

Ich habe das Modul im Wintersemester 2021/22 übernommen. Da die Erwachsenenbildung eine zentrale Facette meiner Biografie darstellt habe ich mich konsequenterweise darum bemüht, meine bisherigen vielfältigen Erfahrungen in der Erwachsenenbildung in dieses Modul einfließen zu lassen. Wenn ich es so salopp ausdrücken darf, dann ist in dieses Modul und seine Ausgestaltung meine ganze Expertise, Erfahrung und Kompetenz der letzten Jahre eingeflossen.[16]Dazu gehören insbesondere meine Anfänge als Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam 2012/13 am Lehrstuhl Erziehungswissenschaften von Joachim Ludwig (Campus Golm). Weder wollte, noch konnte … Continue reading

Die Durchführung von hochwertigem E-Learning erfordert von Lehrenden und von Studierenden genauso viel Zeit und Engagement wie Präsenzveranstaltungen.“

Universität Potsdam 2022

Bereits bei der Planung ging es mir darum, innerhalb des Moduls mit den Studierenden in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten und bezüglich der im Modul ablaufenden Lernprozesse darüber zu reflektieren, was das für die Erwachsenenbildung und ihre Themen bedeutet und für den künftigen Aufgabenbereich der Student:innen heißen kann. Typischerweise organisiere ich das so, dass ich den Studierenden von Anfang an das kollegiale Du anbiete und es mit dem Prinzip der Augenhöhe begründe. Das ist ungewohnt und fällt vielen Studierenden zunächst auch gar nicht leicht. Nur durch eine mindestens ergänzende persönliche Ebene der Lehrbeziehung kann es aus meiner Sicht zu einer echten Verschränkung von Theorie und Praxis kommen.

Christine

Das Modul „Herausforderungen und Kooperationen in der Erwachsenenbildung“ war das dritte und letzte Element innerhalb meines gesetzten Schwerpunktes „Bildung für Erwachsene und Ältere“. Gewählt habe ich den Schwerpunkt aus der Motivation heraus, für meine angestrebte berufliche Zukunft in der Aus- und Weiterbildung von zukünftigen pädagogischen Fachkräften das nötige Hintergrundwissen und methodische Handwerkszeug zu erhalten. In diesem Zusammenhang stellte das hier besprochene Modul in doppelter Weise eine Schlüsselfunktion für mich dar.

Während meiner langen Berufstätigkeit in verschiedenen Berufsfeldern der frühkindlichen Bildung und Betreuung und in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Teams habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter:innen trotz vermeintlich guter Ausbildung das gelernte Wissen nicht in die Praxis übertragen (können). Für mich war das Anlass genug, mir die Frage zu stellen, was in der Ausbildung von Erzieher:innen, Kinderpfleger:innen und pädagogischen Fachkräften verändert werden muss, um dieses Dilemma lösen zu können.

Genau wie ich sehen die meisten Studierenden in diesem Wahlmodul ihre berufliche Zukunft in der Erwachsenenbildung, deshalb war das Interesse und der Wunsch „möglichst viel mitzunehmen“ relativ groß. Um sich diesen Wunsch zu erfüllen wurden von mir und meinen Kommiliton:innen unterschiedliche Strategien gewählt, wie wir jeweils mit den Anforderungen aus Beruf, Studium und Privatlebenin diesem Modul umgehen möchten. Entsprechend unterschiedlich gestaltete sich deshalb auch die subjektive Wahrnehmung der Bedingungen in der Lehrveranstaltung.

Die praktische Umsetzung erfolgte für mich dadurch, dass über die verschiedenen Texte und die damit verbundenen Reflexionsfragen die Möglichkeit geschaffen wurde, mit meiner eigenen Perspektive an die Bearbeitung heranzugehen. Mein Lernen fand also dadurch statt, dass mir die Möglichkeit geboten wurde, mich vor dem Hintergrund meiner eigenen Praxis mit den Lehrinhalten zu beschäftigen.

Die inhaltliche Planung

Alexander

Klaus Holzkamp hat sowohl seine Theorie, als auch die Lernbegriffe in der Analyse schulischen Lehr- und Lernhandelns entwickelt. Sie sollten aber aus meiner Sicht auf das Lehren und vor allem Lernen im Hochschulkontext übertragbar sein, da es hier ähnliche Bedingungen und Rahmenstrukturen gibt.[17]Insofern habe ich seiner Theorie – insbesondere in der Form des expansiven Lernens – auch im Modul Platz eingeräumt und den Aufsatz „Lehren als Lernbehinderung?“ (1991) als einen der … Continue reading Gerade mit diesem Anspruch ist es wiederum keineswegs trivial, ein entsprechendes didaktisches Konzept zu erstellen. Besonders anspruchsvoll war es, die Ideen von Klaus Holzkamp in den virtuellen Raum zu übertragen. Meine Überlegungen kreisten dabei immer um die Frage, mit welchen Mitteln der zur Verfügung stehenden Lernplattform (OLAT) ich wohl welchen Effekt erreichen konnte.

Mir ist noch einmal bewusst geworden, wie wichtig es ist, die Vielfalt an digitalen Methoden zu nutzen, sie den jeweiligen Bedarfen anzupassen und vor allem auch den Mut zu haben, unkonventionelle Wege zu gehen.“

Reitinger 2023

Mir war dabei durchaus klar, dass eine Forendiskussion nicht nur ein adäquater Ersatz für eine analoge Gruppendiskussion sein kann, sondern in gar nicht so seltenen Fällen sogar die bessere Wahl darstellt. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber auch, dass es nicht genügt die Student:innen einfach um eine Diskussion im Forum zu bitten. Dass sich die Inhalte nicht automatisch im Sinne einer aktiven Diskussion der Studierenden zeigen liegt dabei wesentlich am üblichen Kommunikationsschema Frage – Antwort – Beurteilung, das erst einmal überzeugend zu durchbrechen ist.

Bei meinen Weiterbildungen, die von Wertschätzung geprägt waren, konnte ich das erste Mal offen mit meinen Schwächen umgehen, ich konnte sie für mich selbst erkennen und zulassen und mit anderen darüber sprechen, ohne dass ich verurteilt wurde oder Angst haben musste, was die anderen jetzt über mich denken oder dass jemand meine Probleme lächerlich findet.“

Student:in

Um die Gründe für eine inhaltliche Diskussionen zu liefern musste ich mich also erst mit der spezifischen Gestaltung der Interaktionsstruktur auseinandersetzen (siehe hierzu Einschub 2). In den Worten von Klaus Holzkamp muss es auf Seiten der Studierenden expansive Gründe und Motive dafür geben, dass sie sich auf eine solche Diskussion einlassen. Meine Überlegungen liefen dabei darauf hinaus, hierfür die Möglichkeiten von Reflexionen auf verschiedenen Ebenen in den Vordergrund zu stellen, um die eigenen Erfahrungen analysieren und als Lehrender daran anknüpfen zu können.

Gegenüber grundständigen Studiengängen geht es im Bereich der Hochschulweiterbildung in der Regel um berufliche Qualifizierungen. Hier ist eine wesentliche Herausforderung der Kompetenzbildung die konsequente Verzahnung von wissenschaftlicher Theorie und beruflicher Praxis (vgl. hierzu Cendon et al. 2016). Das gilt insbesondere für die sozialen Berufe und ihr professionelles Selbstverständnis. Deshalb ist dieses Modul als Setting im Sinne einer „Auseinandersetzung mit dem Handlungsfeld“ (Mörth & Cendon 2019, S. 42) gestaltet.

Geht es aber konkret darum, auf die (praktischen) Erfahrungen der Studierenden aufzubauen, vor allem, sie in den Lernprozess einzubeziehen, dann ergeben sich erhebliche Verschiebungen des normalen Lehrablaufs bzw. der Lehrtätigkeit. Notwendig ist nämlich zum einen, die Praxis im Sinne eines Handelns der Studierenden ernst zu nehmen, zum anderen die Theorie anhand der Praxis zu entwickeln bzw. einzuführen oder zu reflektieren. Am Ende gelingt es wiederum nur durch die Verzahnung von Theorie und Praxis eine „wissenschaftlich reflektierte Handlungskompetenz“ (a.a.O., S. 40) zu bekommen.

Gerade das Anknüpfen an die unmittelbaren Handlungserfahrungen der Studierenden legt es nahe, auch hier die Lerntheorie sowie den expansiven Lernbegriff von Klaus Holzkamp zu verwenden. Genauso wie es gilt, dass „Lehr-Lern-Aktivitäten am Lernort Praxis“ (a.a.O., S. 43), wie auch am Lernort Hochschule zwei unterschiedliche Handlungslogiken aufweisen, also nicht einfach zusammenfallen (siehe hierzu Kapitel 3). Einen erfolgreichen Transfer kann hier die Reflexion auf die jeweiligen Lernprozesse darstellen.

Die Reflexion von Theorie in Bezug auf die Praxis und von Praxis in Bezug zur Theorie verbindet die beiden Bereiche dialogisch und ermöglicht überhaupt erst Transfer“ (a.a.O., S. 45).

Dies entspricht dem, was Eva Cendon (2017) als zweite Dimension von Reflexion bezeichnet: im Fokus der Verzahnung von Theorie und Praxis stehen dann nämlich nicht primär die Inhalte, sondern die Lernprozesse und/oder Lernstrategien. Den Ansätzen einer konsequenten Theorie-Praxis Verzahnung ist generell gemeinsam, „dass Reflexion für das Lernen von zentraler Bedeutung ist“ (a.a.O. S. 39).

Christine

Die inhaltliche Gestaltung bezüglich meiner eigenen Planungen für dieses Modul war zunächst ähnlich ausgelegt wie bei bereits vorausgegangenen Lehrveranstaltungen. Es gab einen Basistext und dazu als „Impulse“ bezeichnete ergänzende Texte des Dozenten mit dazugehörigen Reflexionsfragen, die im Forum auf der Plattform Olat diskutiert werden sollten. Doch bereits beim Einlesen in die Informationen zum Modul beziehungsweise beim „Meet and Greet“, wurde mir klar, dass es keine typisch verlaufende Lehrveranstaltung in der üblichen Form werden würde.

Die Lehrveranstaltung unterschied sich von den bisherigen Modulen durch eine für mich wahrnehmbare deutliche (virtuelle) Präsenz des Lehrbeauftragten auf den verschiedenen kommunikativen Ebenen. Bereits der Einstieg mit einem Vorstellungsvideo des Dozenten und die darauf folgende vielfältige und zum Teil sehr kreative und persönliche Vorstellungsrunde der Studierenden legte den Grundstein für ein intensives, subjektorientiertes und zugleich kollaboratives Lernen in diesem Studienabschnitt.

Der Inhalt erschien mir zwar sofort anspruchsvoll, aber auch unglaublich interessant und (zumindest für mich) relevant für die berufliche Zukunft in der Erwachsenenbildung. Die Möglichkeit, anhand von frei interpretierbaren Reflexionsfragen an den Impulstexten zu arbeiten und asynchron im Forum zu diskutierten, gewährte mir einerseits eine große Freiheit, hatte aber andererseits den Effekt, dass zu jedem Impuls eine intensive Diskussion entstand, weil ich auf Beiträge meiner Kommiliton:innen Bezug nahm und umgekehrt von ihren Beiträgen viele Querverbindungen zu meinen eigenen Standpunkten herstellen konnte.

Die Art der Beteiligung sowohl von Seiten des Dozenten als auch meiner Mitstudierenden unterschied sich für mich deutlich von den bisher in den Modulen erlebten Interaktionen. Zumindest bei mir war es nicht von vorneherein geplant, mich auf einen intensiven und dadurch auch zwangsläufig zeitaufwändigen (Online-) Dialog einzulassen. Ich ging mit der Erwartung an die Bearbeitung der Impulse heran, eine Bewertung im Sinne von Zustimmung oder Kritik von Seiten des Lehrenden zu erhalten und darüber hinaus eben nur insofern in den Austausch zu gehen, wie das mein übliches Zeitkontingent für das Studium erlaubt.

Für die meisten von uns hatte das reflexive Vorgehen zur Folge, vergleichsweise viel Zeit in die Bearbeitung der Impulse und den Austausch darüber im Forum zu stecken. Während ich und viele weitere Kommiliton:innen diese Art des Lernens als sehr gewinnbringend erlebten und auch den Austausch mit dem Dozenten als echte Diskussion auf Augenhöhe erlebten, war es für andere ein eher lästiges und zeitintensives Übel. Von einigen wurde weiter die Kommunikation mit dem Dozenten als eher unklar empfunden und es bestand der Wunsch nach gezielten Vorgaben im Sinne einer Handlungsanweisung.

Die erlebten Interaktionen

Alexander

Im wesentlichen fand in den Forendiskussionen der Impulse (siehe hierzu ausführlicher Methode 1) eine echte Diskussion mit mir als Lehrendem statt. Diese Diskussionen sind für mich nicht nur eine Frage des formalen Umgangs, sondern vor allem des Offenlegens meiner eigenen Erfahrungen und Einstellungen in der Erwachsenenbildung. Meine Beiträge dazu müssen authentisch und ehrlich – in Form der Schilderung der eigenen Erlebnisse und Überlegungen – erfolgen, also nicht belehrend sein.

Auch für mich war es am Ende so, dass die Lernerfahrungen, die mich persönlich am meisten vorangebracht haben schmerzhafte und ‚unlustige‘ Lernerfahrungen waren, weil sie an die Auseinandersetzung mit meinen Schwächen gekoppelt waren.“

Klier 2023a

Hinzu kommen muss aber, dass dies eine Begegnung auf Augenhöhe im Sinne eines gemeinsamen Lernprozesses wird. Wenn man so will, dann geht es hierbei um den Vorbildcharakter, den ich als Lehrbeauftragter im Modul habe, um die gewünschten Diskurse entsprechend zu gestalten. Als Belohnung durfte ich im hier reflektierten Modul erleben, dass es dadurch, dass es mir selbst nicht um eine Bewertung ging, sondern auf eine Reflexion auf das eigene Handeln ankommt, tiefgehende und wertschätzende Diskussionen zustande gekommen sind.

Wir konnten als Studierende so von deinen eigenen Beiträgen, von deinem Feedback und den Reaktionen auf unsere Beiträge sowohl fachlich als auch methodisch sehr stark profitieren und werden das bestimmt auch noch weiterhin können.“

Reitinger 2023

Bemerkenswert ist an dieser Stelle der frappante Gegensatz zu den (freiwilligen) Zoomsitzungen, beispielsweise zur Einführung in die Schwerpunktthemen. Diese waren zwar relativ gut besucht, es gab also ein fachliches Interesse an den Inhalten. Dennoch gab es im großen Plenum nur vereinzelte Verständnisfragen als Interaktionen. Es entwickelten sich also keine wirklichen inhaltlichen Diskussionen. Lediglich in den in jeder Sitzung durchgeführten Kleingruppen (Breakout Sessions) mit Fragen gab es, jedenfalls nach den Berichten der Studierenden, lebhaftere inhaltliche Diskussionen.

Am meisten bewegt hat mich dabei die Diskussion zum Impuls von Holzkamp mit dem Thema Lehre als Lernbehinderung. Hier durfte ich von vielen Studierenden sehr emotional geprägte Beiträge im Forum im Bezug auf das eigene Lernen oder ihre Erfahrungen in der Wahrnehmung des Lernens anderer lesen und darauf eingehen. Die daran anschließende Diskussion enthielt viele Beschreibungen und Reflexionen expansiven, aber auch defensiven Lernens sowie empathische Feedbacks und Bekundungen gegenseitigen Verstehens auch von meiner Seite.

Eine Lehr-Lern-Beziehung auf Augenhöhe, wertschätzende Kommunikation sowie die Subjektorientierung in der Erarbeitung der Inhalte tragen einen großen Anteil dazu bei, dass bei Erwachsenen in Weiterbildungsveranstaltungen auch tatsächlich expansives Lernen stattfindet (vgl. Grotlüschen & Pätzold 2020, S. 29).

Wenn außer Hinweisen und netten Schwätzereien keine diskutierbaren Themen zur Sprache gebracht werden, dann kommt es vernünftigerweise auch zu keiner Diskussion. Wenn im Chat die Neulinge aufgrund ihrer Unkenntnis bloßgestellt werden, ziehen sie sich vernünftigerweise zurück“ (Grotlüschen 2004, S. 72).

Bezüglich der Interaktionen sowohl im virtuellen, als auch im analogen Raum gilt dabei, dass die angewendeten Schemata entscheidend darüber bestimmen, wie die Diskussionen verlaufen. Dabei determinieren die Schemata regelrecht, ob es überhaupt zu Diskussionen kommen kann, oder ob es für die Student:innen eher besser ist, sich nicht zu äußern. Falls es keine Diskussionen gibt liegen meist defensive Lernerfordernisse bzw. ein defensives Interaktionsschema vor.

Klaus Holzkamp beschreibt das vorherrschende Interaktionsschema in den Schulen als „vorauswissendes Fragen“. Vorauswissende Fragen sind Fragen dergestalt, dass ihre Beantwortung eine Bewertung oder Beurteilung ermöglichen. Die Fragen folgen also dem Schema Frage – Antwort – Beurteilung. Sie werden von Seiten der Lehrenden mit der Absicht einer Bewertung gestellt. Subjektiv vernünftig ist auf Seite der Lernenden dann eine defensive Herangehensweise. D. h., für die Studierenden ist es besser diese Art von Fragen nur dann zu beantworten, wenn das dabei gezeigte Wissen eine gute Bewertung oder Beurteilung ermöglicht. Die beschriebene Interaktionsstruktur hat aber noch weitere Konsequenzen.

Erstens wird erwartet, dass die Initiative zu einem Dialog von der Lehrperson ausgeht. Zweitens wird die Antwort eben dieser Lehrperson gegeben, nicht etwa den Mitlernenden. Drittens wird eine Bewertung erwartet und befürchtet. Viertens hat die Lehrperson die implizite Macht, Personen auch gegen ihren Willen ‚dran zu nehmen‘ und fünftens handelt es sich bei Fragen der Lehrperson um die bereits benannte vorauswissende Frage. Kommt die Initiative dennoch von den Lernenden, etwa mit einer inhaltlichen, wissenssuchenden Frage, läuft die fragende Person Gefahr, umgehend bewertet zu werden“ (Grotlüschen 2004, S. 73).

Das virtuelle Schweigen kommt durch die Art des Fragens und der Gestaltung der Interaktion zustande. Es genügt also nicht, Fragen nach inhaltlichen Interessen oder dem gegenseitigem Fachinteresse zu stellen. Eine echte virtuelle Diskussion kommt nur dann zustande, wenn das auch im Hochschulkontext übliche Interaktionsschema zu Gunsten expansiver Lernmöglichkeiten überwunden wird.

Dies wiederum ist am ehesten dann zu erreichen, wenn über Reflexionsfragen an die konkreten Erfahrungen der Studierenden angeknüpft wird. Eine echte virtuelle Interaktion, welche die Erfahrungen adressiert und reflektiert, lebt dabei „von einem fairen pädagogischen Verhältnis jenseits der Frage-Antwort-Bewertungssequenz“ (a.a.O., S. 73f).

Christine

Relativ schnell kristallisierte sich speziell in den Impulsforen eine echte Diskussion heraus, die teilweise auch inhaltlich von den ursprünglich eingestellten Themen abwich und sich durch eine Ausführlichkeit der Beiträge vieler Beteiligter auszeichnete, die meinen bisherigen Erfahrungen widersprachen. Besonders spannend war für mich hier auch die aktive und wertschätzende Teilnahme des Dozenten an der Diskussion, dessen Beiträge oft zur Vertiefung, erneuten Reflexion oder zu einem Perspektivwechsel beitrugen und somit die Rückkoppelung im Lehr-Lernprozess unterstützten, aber nicht als belehrend im Sinne von „vorauswissend“ (Holzkamp) empfunden wurde.

Dadurch, dass sich auch meine Begründungen nicht an vorgegebenen Standards von Seiten des Lehrenden orientieren mussten, sondern in meinem ureigensten Interesse, wie auch dem Interesse der meisten Studierenden orientiert war, wurde, so mein Eindruck, freiwillig diskutiert und aus intrinsischer Motivation heraus formuliert. Insofern fand ein intensiver Austausch auf der Peer-Ebene statt, worin zumindest für mich zum Ausdruck kam, dass auch bei einigen meiner Kommilton:innen der Wusch vorlag, die eigene Diskrepanzerfahrung von bisherigem Wissen und der erwünschten Kompetenz durch das Wahlmodul anzugleichen.

Das kritische Hinterfragen von Forumsbeiträgen oder die Ergänzung dieser durch zusätzliche Impulse machten die Diskussionen spannend, lebendig und luden dazu ein, sich regelmäßig aktiv einzubringen. Dabei beinhaltete die Interaktion neben den Ebenen des Verstehens und des Verstehen-Wollens zugleich die Ebene der Mitteilung persönlicher Wahrnehmungen, Bedarfe und Emotionen. Aus meiner Sicht fand genau deshalb eine Auseinandersetzung mit den Inhalten und die kollaborative Beschäftigung mit deren Bedeutung für das eigene Lernen und die eigene Praxis statt.

Die Lehrender-Lernende-Beziehung habe ich dadurch als sehr intensiv erlebt, was sich bei mir auch positiv auf die Fähigkeiten zur und den Wunsch nach reflexiver Bearbeitung der Impulse im Zusammenhang mit meinem Erfahrungswissen auswirkte. Die Intention, sich intensiv und reflexiv mit den vorgeschlagenen Inhalten zu beschäftigen, war auf Seiten meiner Kommiliton:innen jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Reflexionserfahrungen (A.K.)

Reflexionen fordern, wenn Sie gelingen sollen, vom Lehrbeauftragten eine aktive Rolle ein, weil eine Rückmeldung in Form von Feedback auf Beiträge der Studierenden unabdingbar ist. Das Feedback des/r Lehrenden muss dabei aufgrund seiner fachlichen Expertise und Erfahrung vorgenommen werden und ein freiwilliges Lernangebot darstellen, das aufgegriffen werden kann, aber nicht angenommen zu werden braucht (vgl. hierzu vor allem Grotlüschen 2004). Reflexionsangebote dürfen in keinem Fall prüfend gestaltet oder überprüfend gestellt werden, um ein expansives Lernen zu ermöglichen.

Gerade die neue Art des Lernens und Lehrens der Dozent*innen im Austausch mit den Studierenden empfinde ich als unglaublich wertvoll und gewinnbringend […] Auch empfinde ich die kontinuierliche Reflexionsarbeit als zielführend dahingehend, interessiert und eigenständig dabeizubleiben.“

Student:in

Zu den wichtigsten Erfahrungen in diesem Modul zählt für mich, dass es tatsächlich gelingen kann, Studierende über das Diskutieren von Inhalten zum Reflektieren auf die eigenen Erfahrungen zu bringen. Dabei ist es besonders lohnend danach zu fragen, was sie jeweils thematisch gelernt haben und wie aus ihrer Sicht der Lernprozess gelaufen ist bzw. was stattgefunden hat, dass sie genau das gelernt haben, was sie angeben. Eine Interaktion als Reflexionserfahrung ist nach dieser Erfahrung die vielversprechendste Form, in einem solchen Modul expansiv zu lernen.

Wie schon erwähnt geht es sowohl im gesamten Studium, als auch in diesem speziellen Modul um eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Eine wesentliche Herausforderung dabei ist es, Möglichkeiten zu bieten, um diese zwei unterschiedlichen Handlungs- und Erfahrungshorizonte zu verbinden. Insofern sollte die Möglichkeit von Reflexionen auf die eigenen Erfahrungen dafür sorgen, dass es zu dieser Verzahnung beim Lernen kommen kann.

Wenn Reflexion auch in kurzen Formaten eine Rolle spielen soll, muss Theorie-Praxis-Verzahnung ein gewollter und gewünschter Bestandteil des Lehr-Lernprozesses sein, der von den Lehrenden entsprechend unterstützt wird“ (Cendon 2017, S. 43).

Eva Cendon fasst diese Reflexionen als „Denk-Handeln“ auf (a.a.O., S. 39) und unterscheidet verschiedene Dimensionen. Bei Reflexionen über das Ziel geht es entweder um Inhalte oder auch um die Lernprozesse. In einer zweiten Dimension richten sich Reflexionen auf die Persönlichkeit und ihre Entwicklung. Die dritte Dimension bildet die Richtung der Reflexion in zeitlicher Hinsicht ab. Reflektiert werden kann aus ihrer Sicht sowohl aus der Vergangenheit heraus, als sich die Reflexionen auch auf gegenwärtiges und sogar zukünftiges Handeln hin beziehen können.

Eine letzte Dimension von Reflexion geht über konkrete Problemstellungen hinaus. Sie kann am Ende weitere Perspektiven einbeziehen und schließlich darauf abzielen, „über sich selbst, das eigene Denken und die eigenen Grundannahmen nachzudenken und diese zu hinterfragen“ (a.a.O.). Soll es zu Reflexionen auf das Lernhandeln als Zusammenspiel von Denken und Erfahrung – oder die Überwindung von Diskrepanzerfahrungen nach Holzkamp - kommen, dann müssen die Reflexionsmöglichkeiten entsprechend organisiert, d.h. systematischer Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses werden.

Wie du kann ich feststellen, dass das meine Persönlichkeit geformt und verändert hat, was für mich sehr positiv war [...]. Wobei es nicht um das loben an sich ging, sondern, und das ist der Aspekt, den ich stark machen will, um das Feedback der anderen“ (Klier 2023a).

Dabei muss nicht nur eine deutliche Unterscheidung der beiden Handlungslogiken, also sowohl der Lehre, als auch des Lernens, wie sie Klaus Holzkamp macht, erfolgen. Notwendig ist auch eine intensive Auseinandersetzung bezüglich möglicher Reflexionen auf das Lernen als Prozess oder eine „Reflexion des Lernens“, weil dieses bisher nur selten theoretisch behandelt wird (Hilzensauer 2008, S. 9, Kursiv im Original).

Beachtet man zusätzlich das notwendige Interaktionsschema (siehe hierzu Einschub 2), dann bedeutet die Verzahnung konsequenterweise auch, dass der Reflexionsauftrag ebenfalls für die Lehrenden gilt. Diese können (und dürfen) sich aus den Reflexionszusammenhängen nicht herausnehmen.[18]Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass beispielsweise Hilzensauer (2006) als methodischen Ansatz reflexiven Lernens eine „dialogische Kommunikation“ bzw. Dialotische Didaktik vorschlägt. … Continue reading Im Gegenteil: Sie müssen ein aktiver Teil, oft genug auch Initiator:innen, des Reflexionsprozesses sein. Nur so gelingt es am Ende, dass sie ihre eigenen professionellen Erfahrungen zielgerichtet in die Lernprozesse einbringen können.

Vielmehr, so zeigen die skizzierten Ansätze, wird der Lehr-Lern-Prozess zu einem gemeinsamen Suchprozess, der zu Ko-Kreationen des Wissensbestands führt, in gemeinsames Lernen mündet und so Erkenntnisgewinn für Lehrende und Studierende zugleich – in ihrem je eigenen Kontext – ermöglicht“ (Cendon 2014, S. 32).

Durchlebte Gruppenarbeit (C.R.)

Für den Leistungsnachweis in diesem Modul galt es, zwei Gruppenarbeiten zu den Hauptarbeitssträngen „Lebenslanges Lernen“ und „Digitalität der Erwachsenenbildung“ zu erstellen. Ich hatte keine Probleme damit, diesen in der Gruppe, mit der darin logischerweise inkludierten einheitlichen Gruppennote, abzugeben und auch selbst über dessen Form und inhaltliche Schwerpunkte zu entscheiden, weil diese Form der Bewertung ebenso in anderen Modulen an der Hochschule München praktiziert worden war. Kommiliton:innen anderer Standorte empfanden dieses Vorgehen als eher ungewöhnlich. Hier wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie erheblich sich die Modalitäten an den einzelnen Hochschulen des BASA-Verbundes zum Teil voneinander unterscheiden.

Der mit der Gruppenarbeit und der reflexiven Arbeitsweise einhergehende hohe Zeitaufwand wurde ebenfalls widersprüchlich wahrgenommen und so auch gespiegelt. Durch die unterschiedlichen Teilnehmer:innen in den zwei Arbeitsgruppen an denen ich beteiligt war, ergaben sich zwei sehr verschiedene Herangehensweisen an die Aufgabenstellungen und entsprechend auch in den Diskussionen dazu.

In der ersten Gruppe entstand eine aus Sicht aller Beteiligten fachlich fundierte Präsentation zum Thema „Einsatzfelder und Handlungsmöglichkeiten in der Erwachsenenbildung“. Die Möglichkeit gleichzeitig und asynchron an einem gemeinsamen Dokument zu arbeiten wurde intensiv genutzt und es entstand eine kollaborative Expertise, deren einzelne Bestandteile wir im Nachhinein kaum noch den einzelnen Mitwirkenden zuordnen konnten. Dieses Ergebnis resultiert meiner Meinung nach aus einer Kombination verschiedener Kriterien, wie sie auch Konrad beschreibt (vgl. Konrad 2018, S. 76 f.). Das Zusammenwirken verschiedener Sichtweisen, die Bearbeitung von Inhalten in Interaktion, sowie die Übertragung von Teilverantwortlichkeiten und eine positive Feedback-Kultur trugen zu einer für uns alle effektiven und inspirierenden Gruppenarbeit bei, was sich letztlich auch im Ergebnis widerspiegelte.

Die Zusammensetzung und Arbeitsweise in der zweiten Gruppe unterschied sich deutlich von der ersten. Ich hatte mich entschieden, aufgrund der bisherigen positiven Erfahrungen in Bezug auf „wissensrelevante Prozesse“ (Burrel & Brauner 2021, S 305) auch für die zweite Gruppenaufgabe mit den mir gut bekannten Kommiltion:innen der Hochschule München zusammenzuarbeiten. Mit den hinzukommenden Studierenden musste dann aber erst eine gemeinsame Ebene zur Kommunikation und Kooperation gefunden werden. In dieser Konstellation legten vereinzelte Teilnehmer:innen großen Wert darauf, dass trotz Gruppenauftrag die Einzelleistung noch nachvollziehbar sein sollte. Infolgedessen wurde die Möglichkeit abgelehnt, Beiträge anderer in einem gemeinsamen Dokument zu bearbeiten. Auch in Bezug auf den inhaltlichen Schwerpunkt der Arbeit konnte zunächst kein Konsens gefunden werden, was die Zusammenarbeit deutlich erschwerte.

In mehreren asynchronen Gesprächen über unterschiedliche Plattformen und zwei Zoom-Meetings konnten wir schließlich einen einvernehmlichen Kompromiss finden, dem alle Gruppenmitglieder zustimmten. In einem gemeinsam erstellten Padlet sollte jede:r Teilnehmer:in einen Teilbereich erarbeiten und diese anschließend kombiniert werden. Spannend war dann der tatsächliche Bearbeitungsprozess, in dessen Verlauf sich herauskristallisierte, dass wir uns fast alle die Freigabe zur gegenseitigen Bearbeitung wünschten, um Bezüge der einzelnen Beiträge aufeinander herstellen zu können, Verweise zu erstellen oder Ergänzungen anzufügen, was dann letztlich auch umgesetzt wurde.

Im Ergebnis entstand ein Dokument zu den Herausforderungen von Digitalität und Medialität in der Erwachsenenbildung mit einer ergänzenden Expertise zu den ethischen Aspekten. In Summe waren wir mit dem Ergebnis der Gruppenarbeit sehr zufrieden, auch wenn sich nicht immer alle so intensiv an der Diskussion beteiligten und im Vergleich zur ersten Arbeitsgruppe deutlich weniger Dynamik in der Interaktion zu erkennen war.

Die Lerntheorie von Klaus Holzkamp, wie auch der zentrale Begriff des expansiven Lernens, sind wesentlich analytischer Art. Sie helfen zu erklären, wann und wie wirkungsvolle Lernprozesse initiiert werden können und welcher Bedingungen es dazu für die einzelnen Studierenden bedarf. Beides wirkt auf der Ebene, die in der pädagogischen Debatte als Tiefendimension des Lernens bezeichnet wird (Trautwein et al. 2018, siehe hierzu auch Punkt 3), sind also keine Methode.

Auch für das Lernen in Gruppen im Hochschulkontext ist die Tiefendimension entscheidend, weil sie die entsprechenden Strukturen und Rahmenbedingungen adressiert, die für ein expansives Lernen in entsprechenden Settings notwendig sind. Die Strukturen wiederum sind nicht nur analytisch zu sehen, sondern in den Settings ganz praktisch zu gestalten. Auf dieser Ebene wirken zum einen die psychologische Sicherheit (bspw. Meyer et al. 2018) und zum anderen die Gruppendynamik (Luft 1991).

Psychologische Sicherheit

Die psychologische Sicherheit ist ein Gruppenkonzept (Edmondson 1999)[19]„For team psychological safety to be a group-level construct, it must characterize the team rather than individual members of the team, and team members must hold similar perceptions of it“ … Continue reading und meint ganz grob, dass es den Gruppenmitgliedern möglich und erlaubt ist, sich in die gemeinschaftlichen Diskussionen einzubringen und dabei die Ergebnisse (erheblich) mitzugestalten, also echt an der Gruppenarbeit zu partizipieren. Erlaubt wiederum bezieht sich darauf, ohne persönliches Risiko (beispielsweise einer Beurteilung!), also im Sinne expansiven Lernens, seine Beiträge formulieren zu können. Das ist auch im Hochschulkontext eine zentrale Herausforderung, weil Gruppenarbeit häufig wie in den Unternehmen auch, eng an die Frage der Leistungsbewertung gekoppelt ist (siehe hierzu auch Einschub 2).

Das Fundament für das Lösen komplexer Systeme beim Gruppenhandeln ist eine sichere Gruppenatmosphäre, bei der sich alle Gruppenmitglieder in der Lage sehen, beim gemeinsamen Beobachten, Nachdenken und Lernen zwischenmenschliche Risiken einzugehen“ (Meyer et al. 2018, S. 196).

Die psychologische Sicherheit in Gruppen entsteht insofern nicht automatisch. Ein wichtiger Faktor dabei ist, dass die Gruppen auf der Prozessebene des Lernens nicht unter der „Kontrolle“ der Lehrenden (oder von ihnen Beauftragten wie etwa Tutor:innen) ihre Arbeit vollziehen müssen, also wirklich autonom agieren können. Die psychologische Sicherheit gilt aber auch für das erwünschte Resultat der Gruppenarbeit, dass also auch dies in der Selbstbestimmung der Gruppe liegt (Outcome des Lernens in der Gruppe).

Die Sicherstellung der psychologischen Sicherheit gilt ganz besonders für das Ermöglichen eines expansiven Lernens in virtuellen Räumen, beispielsweise über Lernplattformen wie OLAT (vgl. hierzu Schepers et al. 2007).

Gruppendynamik

Eng verbunden mit der psychologischen Sicherheit ist die Gruppendynamik. Sie adressiert als Wissenschaft vor allem die konkreten Verhaltensweisen im Gruppenkontext, die durch entsprechende Normen geprägt sind. „Gruppennormen sind empirisch schwierig zu erfassen, theoretisch hingegen gut verstanden“ (Meyer et al. 2018, S. 191). Die Gruppendynamik gilt also auch – eigentlich sogar sehr speziell – für das Lernen in Gruppen im Hochschulkontext.

Psychologische Sicherheit ergibt sich beispielsweise erst dann, wenn das Vertrauen der Gruppenmitglieder daran gegeben ist. Vertrauen in Lerngruppen kann wiederum nicht durch die Lehrenden implementiert werden, sondern muss sich jedes Mal neu in den Gruppen in Bezug auf das jeweilige Lernsetting entwickeln. Dazu durchlaufen Gruppen normalerweise verschiedene Phasen, was alleine schon wichtig und zu beachten ist.

Es müssen somit nach dem Kennenlernen zunächst Möglichkeiten und Grenzen ausgehandelt werden, um einen Grundstein für die zukünftige Zusammenarbeit zu legen“ (a.a.O., S. 192).

Es gibt zwei zentrale Erkenntnisse, die die Gruppendynamik dem Lernen von Gruppen im Hochschulkontext liefern kann:

  1. Das Verhalten der Studierenden in diesen Gruppen ist ohne eine Kenntnis der Gruppenziele, der Werte der Gruppe und am Ende die Art und Weise, wie die Gruppe das Lernen bzw. den Lernprozess, der sich aus dem Auftrag ergibt, organisiert, nicht erklärbar, weil die Gruppennormen das individuelle Verhalten deutlich prägen und anpassen.

  2. Ein adäquates Mittel, diese Ziele und auch Organisationsweisen herauszufinden ist in den Augen der Gruppendynamik Feedback als Reflexionsmöglichkeit. Allerdings über das „Johari Fenster“ (Luft 1982) eine spezielle Form von Feedback, die im Prinzip die gängigen Feedbackregeln geprägt hat (vgl. hierzu speziell Klier 2021).

Am Ende trifft sich auch die Gruppendynamik und ihre Erkenntnisse mit dem expansiven Lernen, weil es auch hier darum geht, über eine entsprechende Gestaltung die intrinsische Lernmotivation herzustellen. Das wiederum gilt sowohl für die Gruppe, als auch für die Gruppenmitglieder, weil erst dadurch die entsprechende Beziehung untereinander – und ggf. zwischen den Gruppen – aufgebaut werden kann.

Ein der gesunden Gruppe eigenes Ziel ist daher die Bestätigung wahrer Selbstständigkeit, während zugleich die Gruppenbedürfnisse erfüllt werden“ (Luft 1991, S. 40).

Noch einmal Leistungsnachweis

Alexander

Obwohl die Bedingungen des Leistungsnachweises aus meiner Sicht relativ transparent waren und von Anfang an kommuniziert worden sind, bestand auf Seiten der Studierenden nicht nur zu Beginn des Moduls eine große Unsicherheit. Es war nicht allen jederzeit klar, welche Anteile der jeweiligen Arbeit in die Bewertung einfließen. Was sicher auch daran lag, dass eine solche Art der Modulorganisation – mitsamt dem Leistungsnachweis – an den unterschiedlichen beteiligten Hochschulen des Verbundes sehr verschieden gehandhabt wird.

Ich denke, meine Unsicherheit entstand weniger daraus, dass ich nicht weiß, was ich tun muss, um eine gute Note zu erhalten, sondern daraus das [sic] ich Angaben zur Benotung bisher (fälschlicherweise) als Indikator dafür genutzt habe, Aufgaben einfacher in eine Prioritätenliste einordnen zu können.“

Student:in

Um auch in dieser entscheidenden Phase expansives Lernen zu ermöglichen organisierte ich die beiden Gruppenarbeitsphasen so, dass sie als Grundlage für die Bewertung und Beurteilung nach Art eines Peer-Assessments durchgeführt werden konnten (vgl. hierzu Amo & Jareño 2011).[20]Erst ein solches Vorgehen ermöglicht es, die Evaluation selbst als weiteren wichtigen Schritt expansiven Lernens zu etablieren. „When using a correct assessment system, students perceive … Continue reading In der ersten Phase (ein Drittel der Note) wurde auf Basis einer Selbsteinschätzung der Gruppen ihre Zusammenarbeit, also die konkrete Kollaboration in der Gruppe bezüglich der Inhalte, durch sie selbst, im Sinne eines Gruppenvorschlags für die Note, bewertet.

Der Fokus der zweiten Beurteilungsrunde (das zweite Drittel) lag in der Evaluation der möglichen Präsentation oder Anwendung der erarbeiteten Inhalte, ebenfalls durch die Gruppe. Auch hier ist die Basis die jeweilige Selbsteinschätzung der Gruppen, diesmal mit dem expliziten Fokus der Reflexion auf ihren Erfahrungen bezüglich ihres eigenen Lernprozesses (nicht so sehr dem Ergebnis, also dem Output).[21]Eine für mich genauso wichtige Erfahrung ist regelmäßig die, dass die Selbstevaluation der Studierenden im Prinzip sehr gut funktioniert und bezüglich dessen, was sie evaluieren sollen, … Continue reading

Die ‚Prüfungsleistung‘ findet hier hauptsächlich statt – so zumindest mein Gefühl – weil das System in unserem Studiengang es vorschreibt und nicht, weil es für den persönlichen Lernprozess sinnvoll ist. Dieser Gedanke nimmt für mich den Druck etwas raus.“

Student:in

Ein letzter Strang der „Leistungsbeurteilung“ (das letzte Drittel) erfolgte anhand der Beteiligung an den oben bereits erwähnten Impulsen. Da es sich hierbei um Reflexionen auf die eigenen Erfahrungen gehandelt hat konnten sie nur formal in die Benotung einfließen. Das Kriterium war hier also nur, sich an der Diskussion mit zwei eigenen Beiträgen und mindestens zwei Reaktionen auf Beiträge der Kommiliton:innen zu reagieren.

Christine

Zu Beginn des Moduls lag der Fokus für mich ganz klar auf der Erfüllung der formalen Anforderungen für den Leistungsnachweise, mit dem Ziel, eine guten Endnote zu erhalten und inhaltlich für meine berufliche Zukunft zu profitieren. Das war wohl auch von einem Großteil meiner Kommiliton:innen so angedacht. Es war geplant, die für den Leistungsnachweis vorgeschriebenen Beiträge in Form von Kommentaren zu den jeweiligen Impulsen abzugeben, bzw. die Antworten auf die eigenen Forumsbeiträge zu registrieren sowie die Gruppenarbeiten zu erledigen, ohne mir ganz im Klaren darüber zu sein, wie diese als Leistungsnachweis letztlich beurteilt werden würden.

Tatsächlich fiel es mir persönlich ziemlich schwer, unsere gemeinsame Arbeit zu bewerten, obwohl wir als Gruppe sehr zufrieden sowohl mit dem Entstehungsprozess als auch mit dem Ergebnis des Gruppenauftrags waren. Die jahrzehntelange Prägung in einem leistungsorientierten und vergleichenden Schulsystem sieht vorgegebene Standards vor, anhand derer die individuelle Leistung gemessen und bewertet werden kann (vgl. Kultusministerkonferenz 2022). Das Fehlen dieser Skala und die alleinige Einschätzung anhand einer prozessorientierten Reflexion stellte für mich und viele meiner Mit- Studierenden eine echte Hürde dar. Insofern hatten wir intensive Diskussionen dazu, wie wir einen Bewertungsvorschlag formulieren können, den wir für gerechtfertigt hielten, ohne zu fordernd zu klingen.

Ganz allgemein fiel es uns schwer, einzuschätzen, in welcher Form die Kollaboration innerhalb der Gruppe bewertet werden sollte, da eben „Selbsteinschätzung“ kein bisher bekanntes Kriterium für einen Leistungsnachweis darstellte. Dies führte innerhalb der Teilgruppen zu Diskussionen, wie unsere Zusammenarbeit gestaltet werden könnte, um den jeweils eigenen Anteil an der Gruppenleistung auch sichtbar zu machen und dafür letztlich eine gute Bewertung zu erhalten (siehe hierzu auch oben 4.4). Es kam dabei zum Ausdruck, dass sich niemand vorstellen konnte, es würde nur sehr gute Bewertungen geben.[22]Vermutet oder unterstellt wurde sogar oft, der Dozent hätte die Erwartung, zumindest ein Teil der Studierenden würde das eigene Engagement oder das Ergebnis der Gruppenarbeit als weniger gut … Continue reading

Das Vorgehen bezüglich der Leistungsbewertung empfanden viele Studierende bis zum Ende des Moduls als eher undurchsichtig. Keine/r der Studierenden konnte sich vorstellen, wie diese konkret aussehen sollte und ob beispielsweise tatsächlich die alleinige Einschätzung der Gruppe zum Kollaborationsprozess bzw. zum Ergebnis letztlich auch in Form einer Note abgebildet wird – oder ob in diese Einschätzung eben nur in eine Gesamtbewertung durch den Lehrbeauftragten einfließt.

Lernwiderstände

Sie [die Lernwiderstände] entwickeln sich aus defensiven Lernbegründungen heraus und melden subjektive Lern- und Lebensinteressen an“.

Grell & Ludwig 2017, S. 130

Der Umgang mit Lernwiderständen in der Erwachsenenbildung, in der Praxis häufig tituliert und ausgeschrieben unter dem Motto „Umgang mit schwierigen Teilnehmer:innen“, ist ein expliziter inhaltlicher Bestandteil des Moduls. Bereits mit der entsprechende Überschrift werden Lernwiderstände häufig als Störfaktoren eines ansonsten eigentlich „gelingenden Vermittlungsprozesses“ attribuiert und dabei individuellen Personen zugeschrieben. Sie sind jedoch sowohl theoretisch, als auch begrifflich von Störungen oder gar persönlichen Defiziten zu unterscheiden (Grell & Ludwig 2017, S. 130).

Lernwiderstände ergeben sich aus defensiven Lernsituationen wie beispielsweise der unfreiwilligen Teilnahme an Lehrveranstaltungen genauso, wie sie aus der didaktisch fremdbestimmten Gestaltung im Sinne von Prüfungen, Zeitdruck, Kontrolle, Benotung als Selektionskriterium entstehen (vgl. hierzu Faulstich & Grell 2003). In diesem Fall wird das Lernen von den Studierenden als persönliche Zumutung erfahren. Die intentionalen, also absichtlichen Lernbemühungen zielen dann nicht darauf ab, sich die Inhalte anzueignen, sondern persönliche Nachteile oder Bedrohungen, die durch die Lernsituation entstehen, abzuwehren (vgl. dazu Holzkamp 1987).

Trotz ihres offensichtlichen Auftretens ist es in einer konkreten Veranstaltung nicht immer ohne weiteres möglich, Lernwiderstände zu identifizieren. Noch schwieriger ist es, sie zu thematisieren. Für die betroffenen Teilnehmer:innen haben Lernwiderstände wiederum sehr wohl (gute) Gründe, welche nicht zwingend mit dem Kurs und seiner Gestaltung oder gar dem Lehrenden zu tun haben und welche auch nicht immer offen zu Tage liegen müssen.[23]Entsprechend unterscheiden beispielsweise Faulstich & Grell (2003) Lernwiderstände theoretisch als Hemmnisse sozialer Strukturen, institutioneller Schranken und/oder biografischer Gründe, die … Continue reading

Vor allem unter zweierlei Gesichtspunkten sind Lernwiderstände in der Erwachsenenbildung ein sehr wichtiges Thema:

  1. Zum einen kommen sie in den klassischen Lerntheorien eigentlich gar nicht vor, was eine gewisse Hilflosigkeit erzeugen kann,
  2. zum anderen werden sie, im Vergleich beispielsweise zum expansiven Lernen, in den jeweiligen Lernsituationen manifest.

Lernwiderstände sind insofern ein zentrales Phänomen auch eines jeden Studiums, werden normalerweise jedoch auch hier eher selten thematisiert. Im Rahmen des behandelten Moduls spielten sie unter der Überschrift „Umgang mit Lernbarrieren und Lernwiderständen“ eine wichtige inhaltliche Rolle. Und waren schließlich auch ganz deutlich mitten im Modul manifest.

Das Erleben als Lehrender

In der Modulbeschreibung sind sowohl Gruppenarbeiten und Forendiskussionen, wie auch das Erstellen von Wikieinträgen ausdrücklich vorgesehen. Konsequenterweise habe ich diese zu zentralen Bestandteilen des Moduls gemacht, sie also methodisch eingebaut bzw. umgesetzt. Die zusätzlich angebotenen Zoom Sitzungen zur Einführung in zu lehrenden Thematiken, vor allem aber zur Würdigung erarbeiteter Lerninhalte, waren und sind bisher nur als freiwillige Angebote machbar und hinterlegt. Dennoch wurden auch sie dankbar angenommen.

In einer (Hochschul-) Kultur, deren Anerkennungssysteme auf individuell identifizierbare Leistungen und Leistungsbewertung ausgerichtet sind, sind Widerstände gegen angeordnete kollaborative Formen nachvollziehbar.“

Grell & Rau 2011, S. 18

Als weiteres Werkzeug eingeführt habe ich für die zweite Phase der Projektarbeit zum Schwerpunkt Digitalität der Erwachsenenbildung ein Miroboard.[24]Miro ist als konkretes digitales Werkzeug ein im Prinzip unendlicher Canvas bzw. eine unendliche Pinwand, wie auch Mural oder Concept Board. Allerdings mit wesentliche mehr Möglichkeiten der … Continue reading Hier sollten die Studierenden die Frage beantworten, welche Aspekte aus den Impulsen sie gerne im Rahmen eines Zoom-Meetings diskutieren würden. Speziell zu dieser Frage gab es lange Zeit keine Einträge. Um so überraschter war ich dann, über folgende Anmerkungen zu stolpern:

  • Chaos im Kopf! Zu viele Ansätze in einer Woche!“
  • Inhalte sind super schwer zu verstehen!“
  • Intrinsische Motivation“
  • Macht wenig Spaß :(„
  • Bitte vereinfache die Sache etwas, danke! :)“
  • Umsetzung Theorie in Praxis“
  • Benotungskriterien sind völlig unklar“
  • Viel zu viele Texte“

Im ersten Moment war ich tatsächlich schockiert über die Einträge. Da die Beiträge anonym, also ohne einen Namen hinterlegt wurden, war weder ersichtlich, ob es sich um lediglich eine Person handeln würde, oder ob mehrere Studierende daran beteiligt waren. Am Ende erwies sich gerade die Anonymität in der diese Beiträge hinterlegt werden konnten als Vorteil, weil so die Aspekte überhaupt zur Sprache kamen. Beim Überlegen, wie ich damit bestmöglich umgehe kam mir sofort der Gedanke, dies aktiv aufzugreifen und als exemplarisches Beispiel für Lernwiderstände in und mit dem Kurs zu thematisieren.

Ich kann mich aber auch nicht davon frei machen, dass es zu einer Verunsicherung bei mir führt, da es so ein harter Bruch mit den bisherigen Erfahrungen des Studierens ist“.

Student.in

Darauf aufbauend habe ich mich dazu entschlossen, die Studierenden zu fragen, ob sie diese Anmerkungen auch im Sinne von Lernwiderständen begreifen würden. Diesbezüglich habe ich ein eigenes Forum mit dem Titel „Lernwiderstände im Modul“, wiederum mit Reflexionsfragen versehen, eingerichtet. Ebenfalls habe ich eine „außerordentliche“ Zoom-Sitzung zum Thema angeboten, in der wir dies in Zusammenhang mit einer Methode, damit umzugehen, besprechen sollten. Zu dieser Sitzung kam etwa ein Drittel der Studierenden hinzu. In dieser Sitzung, die, mit Einverständnis der Studierenden und ebenfalls zu Reflexionszwecken, aufgezeichnet wurde, kamen die verschiedene Aspekte zur Sprache. Bei dieser Gelegenheit führte ich die themenzentrierte Interaktion (TZI) mit ihrem Dogma, dass Störungen Vorrang haben, als adäquate Methode zum Umgang mit Lernwiderständen ein (vgl. dazu Cohn 2011).

Für mich selbst war interessant, dass die Rückmeldungen der Studierenden zum einen ebenfalls von Lernwiderständen ausgingen, sie aber auch viele genannte Punkte (also die Gründe dafür) verstehen oder zumindest nachvollziehen konnten. Explizit benannt wurden der hohe Workload und die unterschiedlichen, vor allem die vielen genutzten Tools. Bemerkenswert ist aus meiner Perspektive auch, dass sich die Lernwiderstände selbst in der Forendiskussion dazu zeigten.[25]Beispielsweise dadurch, dass bereits die auf sehr ausführlichen Beiträge der Studierenden, wenn sie über ihre Themen nachgedacht haben, als zu lange im Sinne eines hohen Leseaufwandes gedeutet … Continue reading Am Ende aber waren die beteiligten Studierenden erfreut und bedankten sich für ihre persönliche Wertschätzung, die dadurch gezeigt wurde, dass ich die Kritik zugelassen und das Thema offensiv aufgegriffen habe, um es gemeinsam zu diskutieren und dadurch zu bearbeiten.

Ich finde es total bereichernd, dass die Lernwiderstände aufgegriffen werden […] Es wird auf die Bedürfnisse Gruppe eingegangen und das Handeln orientiert sich am Standpunkt der Lernenden. Mir ist verdeutlicht worden, dass es viele unterschiedliche Sichtweisen auf und verschiedene Gründe für Unsicherheiten und die sich daraus ergebenen Lernwiderstände gibt.“

Student:in

Der wichtigste Lernprozess meinerseits bezüglich dieser Auseinandersetzung war das Feedback der Studierenden dazu, dass von vielen die Verunsicherung bezüglich der Benotung am Ende des Moduls geteilt wurde und die Karten quasi ein „Hilfeschrei“ gewesen seien. Ich hatte es also nicht geschafft, die notwendige Souveränität bezüglich der Benotung („Benotungskriterien sind völlig unklar“) und meiner Erwartungen an das Modul bezüglich ihrer Leistungen so zu transportieren, dass die notwendige psychologische Sicherheit entstanden ist. Was am Ende, soweit mein weiteres eigenes Lernen, auch mit den Bedingungen von Hochschullehre allgemein zu tun hat, weshalb ich dies keinesfalls als persönliches „Versagen“ deute.

Als didaktisches Konzept hat sich das gruppengestützte Lehren nie verbreitet durchgesetzt. Eher schon dient(e) das Gruppenlernen, mathetisch gesehen, dazu, Lerngruppen zu organisieren. Lerngruppen wiederum so zu gestalten, dass sie sich dialogorientiert und gemeinschaftlich ein Thema erarbeiten ergibt sich aber ebenfalls nicht automatisch, auch dann nicht, wenn sie moderiert werden. Es ist ohnehin erstaunlich, dass es zum Thema Lernen in und durch Gruppen nur wenige explizit ausgewiesene pädagogische Konzepte gibt.

Eines der wenigen ist die "themenzentrierte Interaktion" (TZI) nach Ruth Cohn (1911). „Ihre Anwendung [...] führt zum lebendigen Lernen im Kooperationsmodell [...]“ (Cohn 1974, S. 630). Vor so unterschiedlichen theoretischen Hintergründen wie der Psychoanalyse, der humanistischen Psychologie, der Gestalttherapie und schließlich auch der Gruppendynamik hat Ruth Cohn ein Vier-Faktoren-Modell, „das Dreieck in der Kugel“ (Schulz von Thun 2010, S. 35), entworfen und verbreitet. Die drei Faktoren Ich, Wir und Thema (Es), die das Dreieck darstellen, repräsentieren die Gruppe und ihre Mitglieder in ihren unterschiedlichen Facetten sowie die zu lernenden Inhalte.

Der vierte Faktor ist der Kreis, der die Umwelt um die Gruppe, in unserem Fall das Lernsetting Hochschule, darstellt. Alle vier Faktoren gilt es in der Gruppenarbeit in Balance zu halten, eine Aufgabe, die normalerweise der Moderation oder Leitung von Gruppen zufällt.

Ich glaube, dass Kinder und Erwachsene ›etwas leisten‹ wollen. Ich glaube, dass das Wort ›Leistungsdruck‹ aufkam, nicht weil Leistung an sich gehasst wird, sondern fremd verlangte Leistung, die nicht mit innerem Sein und mit Bedürfnissen [...] verbunden ist“ (Cohn 1974, S. 626).

Neben dem Modell gibt es auch drei Grundsätze (Axiome), die als Grundeinstellung wichtig sind, damit die Balance gefunden werden kann. Sie stellen das Bild der Lernenden dar, das diesem Modell hinterlegt ist. Hierbei gibt es viele Berührungspunkte mit dem expansiven Lernen. In einer Übertragung können die Axiome insofern folgendermaßen reformuliert werden:

  1. Das anthropologische Axiom meint, dass die Lerner:innen eine autonome und dabei vernetzte Einheit darstellen. (Expansives) Lernen setzt einen subjektiven Akt der Entscheidung voraus, erfolgt also autonom. Die Autonomie der Einzelnen beim Lernen wird umso größer, je mehr sie sich ihrer Interdependenz, beispielsweise mit den Kommiliton:innen als Peers, bewusst werden.

  2. Das ethische Axiom geht davon aus, dass den Teilnehmenden und ihrem persönlichen Wachstum, das sie lernend erreichen können, Respekt zu zollen ist. Daran sollten sich vor allen die Lehrenden orientieren und entsprechende Lernmöglichkeiten organisieren.

  3. Das pragmatisch-politische Axiom besteht in der Anerkenntnis, dass jede freie Lernentscheidung innerhalb bedingender innerer und äußerer Grenzen, beispielsweise der Rahmung durch einen Hochschulkontext, geschieht. Eine Erweiterung dieser Grenzen ist aber sowohl individuell, als auch (und vor allem) gemeinschaftlich durch die Gruppe möglich.

Für die jeweiligen Gruppenleitungen sind die drei Postulate, die sich aus den Axiomen ergeben, noch hilfreicher, weil sie als Beschreibung des realen Geschehens gedacht sind und Überlegungen an die Hand geben, was zu beachten ist, um eine themenzentrierte Interaktion tatsächlich zu gestalten.

Und seltsamerweise ein Paradox: wenn wir Menschen um ihrer selbst willen zu akzeptieren lernen und nicht um ihrer Leistung willen zu kategorisieren und nach oben oder unten zu fixieren, wird fast immer auch ihre Leistung und ihre Kooperation erhöht“ (a.a.O., S. 633).

Hieraus ergeben sich nicht nur explizite Bezüge zur Lerntheorie von Klaus Holzkamp, sondern auch zum adäquaten Umgang mit Lernwiderständen, der den Ausschlag für die Wahl der Methode in diesem Modul gegeben hat.

  1. Das erste Postulat fordert, dass jede:r Lerner:in für sich selbst einstehen und verantwortlich sein muss. Das ist die direkte Aufforderung, nicht deshalb zu lernen, weil es der oder die Lehrende so möchte, sondern weil es dem eigenen Lerninteresse entspricht - vorausgesetzt, dieses Eigeninteresse wird zugelassen.

  2. Das zweite Postulat formuliert mit der Aussage, dass Störungen Vorrang haben, gemeint in dem Sinn, dass sie sich Vorrang verschaffen, die Situation defensiven Lernens und der daraus entstehenden Lernwiderstände. Vorrang meint in diesem Fall, sie aufzugreifen und gemeinschaftlich zu bearbeiten, so dass anschließend weitergelernt werden kann.

  3. Das dritte Postulat lautet: Verantworte dein Tun und Lassen – persönlich und gesellschaftlich. Die Lernenden haben genauso eine Verantwortung für ihr Lernhandeln, wie es die Lehrenden haben, entsprechend dem Modell zu verfahren, um expansives Lernen zu ermöglichen. Was im Umkehrschluss wiederum bedeutet, dass die Lehrenden niemals in einer Alleinverantwortung für das Lernergebnis stehen. Das ist eine wichtige Entlastungsregel vor allem für Lehrende.

Es gibt noch eine ganze Reihe an Hilfsregeln, die gedacht sind, genauer zu klären, wie die Axiome und Postulate konkret umsetzbar sind. Für Lehrende bietet es sich an, zu übertragen, was speziell für Gruppenleitungen bestimmt ist, wenn sie ein expansives Lernen in Gruppen ermöglichen wollen.

Hierzu gehört beispielsweise die Aufforderung, Themen so zu behandeln, dass die Gruppe dies auch vollziehen kann[26]Was beispielsweise bedeutet, die Literatur- und Medienauswahl so vorzunehmen, dass sie auch wirklich bearbeitet werden können, also nicht nur gelesen werden sollen. Das scheitert oft schon aufgrund … Continue reading oder die Gruppe im Idealfall dazu befähigt, ihren Prozess selber zu steuern und die gewünschten Ergebnisse zu erbringen. Dazu gehört am Ende auch, die eigenen Lernprozesse nicht nur zu reflektieren, sondern auch beurteilen im Sinne von benoten zu können, wie es konkret in diesem Modul vollzogen worden ist.

Lernwiderstände aus Teilnehmer:innen Sicht

Für mich persönlich stand bei meinem gewählten Schwerpunktthema der Wusch im Vordergrund, mir die Inhalte zu erschließen und davon profitieren zu können. Als herausfordernd empfand ich dabei lediglich die kurze Zeit-Taktung von jeweils einer Woche für die Bearbeitung der durchaus anspruchsvollen Impulstexte. Auch die Fülle und der Umfang der Beiträge im Forum erforderte deutlich mehr Zeit, als ich üblicherweise für das Studium ansetze, jedoch war es für mich mit meinen persönlichen Rahmenbedingungen durchaus zu bewältigen. Umso überraschter war ich, wie heftig der Widerstand im Miroboard geäußert wurde.

Auch von einigen meiner Kommiliton:innen wurden die zu bearbeitenden Texte als zu schwer erlebt. Sie würden eine zu intensive Beschäftigung mit den Inhalten erfordern, um sie auch tatsächlich nachvollziehen und im Forum diskutieren zu können. Ich empfand aber gerade diese begleitende Diskussion als äußerst hilfreich, da es mir durch die Betrachtung aus dem Blickwinkel meiner Mitstudierenden oftmals leichter fiel, die Inhalte zu erfassen bzw. meine subjektive Wahrnehmung mit der anderer zu vergleichen und so verschiedene Dimensionen der Impulse zu erkennen.

Im informellen Austausch war die dadurch entstehende hohe Arbeitsbelastung durchaus Thema. Es wurde beispielsweise auch in einem Zoom-Meeting beanstandet, die einzelnen Forumsbeiträge seien zu lang, um alle lesen und darauf eingehen zu können. Oder es würden zu viele verschiedene mediale Plattformen parallel genutzt, was es wiederum schwer mache, alle Arbeitsaufträge im Blick zu haben. Demgegenüber wurde aber auch von vielen bestätigt, dass die Anforderungen nicht als grundsätzlich negativ empfunden wurden, sondern die Art der Lehre dazu beitrug, aus eigener Motivation heraus zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Das zeitnahe Aufgreifen der geäußerten Lernwiderstände sowohl in einem separaten Impuls als auch in einem Zoom-Meeting sowie das Angebot des Dozenten, diese thematisch in die Lehrveranstaltung einzubinden trugen zusätzlich dazu bei, dass sich die Studierenden mit ihren Anliegen ernst genommen und wertgeschätzt fühlten. Die transparente Aufarbeitung innerhalb der gesamten Lerngruppe erforderte zusätzlich zeitliche Kapazitäten zur Reflexion und führten dazu, dass nicht alle Studierenden sich in die Diskussion und den möglichen Umgang mit Lernwiderständen einbrachten.

Schluss

The fundamental question is: Is it possible to achieve participation, self-reliance, maturity and autonomy through control and heteronomy?“

Grell & Rau 2010, S. 5

Dieser längere Beitrag ist deshalb entstanden, weil wir unsere Praxis, noch viel konkreter die Erfahrungen im Rahmen dieses Moduls, reflektieren und auch theoretisch einordnen wollten. Speziell waren wir daran interessiert herauszufinden, ob und wie das von Klaus Holzkamp so beschriebene expansive Lernen im virtuellen Hochschulkontext initiiert werden kann. Vor diesem Hintergrund haben wir sowohl die eingesetzten Methoden und ihre Ergebnisse erläutert, als auch verschiedene theoretischen Zugänge, die dazu gepasst haben, in Form von Einschüben diskutiert und zugeordnet.

Das sollte uns selbst jeweils erklären helfen, was wir aus unseren beiden verschiedenen Handlungslogiken und den Entscheidungen, die daraus folgten, erlebt haben, um diese praktisch aufeinander zu beziehen. Das ist insofern ein glücklicher Umstand für uns gewesen, als damit das Ergebnis nicht von vornherein durch ein Forschungsdesign beeinflusst worden ist.

Am Ende möchten wir nun noch einmal kurz resümieren, was wir sowohl individuell gelernt haben, als auch gemeinsam als Fazit daraus ziehen möchten. Das betrifft sowohl das Modul, als auch das Schreiben dieses Textes, der als Reflexion auf das Modul entstanden ist. Den Rückblick auf das Modul vollziehen wir noch einmal in einer subjektiven Beschreibung des eigenen Fazits, die Reflexion auf den Beitrag beenden wir dann zusammen, damit auch das gemeinsame Fazit zum Tragen kommen kann.

Rückblick auf das Modul

Durch das Kursdesign ist es aus unserer Sicht durchaus gut gelungen, dass die Studierenden in den verschiedenen methodischen Arrangements und in unterschiedlicher Intensität die zentralen Themen diskutiert und dabei ihren eigenen Zugang gefunden bzw. Ihre Praxis reflektiert haben. Die Intensität der Diskussion galt auch für die Organisation der Gruppen und Reflexionen in ihnen, bei denen es insbesondere um die Deutung der jeweiligen Aufträge und die Gestaltung der eigenen Lernprozesse ging. Die Intensität brachte aber, genauso wie die an manchen Stellen vorhandene Unsicherheit, Lernwiderstände an die Oberfläche.

Alexander

Wenn ich die reflexiven Beiträge der Studierenden betrachte, dann wird es über die Impulse möglich, dass sie ihre Vorerfahrungen und auch ihr Vorwissen in den Kurs einbringen. Damit kann nicht nur eine enge Koppelung von Theorie und Praxis erfolgen, sondern überhaupt erst eine immer wieder geforderte Individualisierung des Lernens stattfinden. Erst über diesen Weg wird es mir als Lehrendem nämlich möglich spezifisch zu verstehen, was die Studierenden umtreibt. Erst dann kann ich auch auf ihre entstehenden Fragen genauer antworten und eine Diskussion dazu anregen oder auch auf weiterführende Literatur/Medien zu verweisen.[27]Was übrigens wunderbar ergänzt wird, wenn – wie im Falle dieses Moduls bzw. dieser Gruppe – die Studierenden von sich aus weiterführende Literatur und Medien einbringen.

Damit ist also von vornherein nur das ‚fremde‘ Interesse an der Verhaltensänderung von Individuen ‚zugelassen‘, ein irgendwie geartetes ‚Eigeninteresse‘ des Subjekts am Vollzug eines bestimmten inhaltlichen Lernprozesses dagegen nicht einmal denkbar.“

Holzkamp 1987, S. 9

Als Lehrender das Eigeninteresse der Studierenden an den Inhalten zuzulassen bedeutet jedoch neben einer entsprechenden Gestaltung des Kursdesigns einen außerordentlichen zeitlichen und persönlichen Einsatz. Speziell die Durchführung muss dabei der Logik folgen, dass die Studierenden selbst willens und in der Lage sind zu lernen und ihr Ergebnis auch zu beurteilen. Das entspricht einer bisher unüblichen bzw. selten so vorgesehenen Umsetzung im Kursgeschehen. Am Ende ist es aber sicher auch davon abhängig, welche konkrete Gruppe sich im Modul zusammenfindet und wie es gelingt, mit dieser das expansive Lernen in Gang zu bringen.

Am meisten gelernt aber ich im Rahmen dieses Moduls darüber wie wichtig es ist, die sich zeigenden Lernwiderstände aufzugreifen und gemeinsam zu bearbeiten. Erst das ermöglicht es aus meiner Sicht – und in Bestätigung der TZI – produktiv weiter lernen zu können. Im geschilderten Fall hat dieser ursprünglich nicht vorgesehene „Einsatz“ nicht nur dazu beigetragen, das im Lehrplan vorgesehene Thema adäquat am eigenen Beispiel zu behandeln. Es hat insbesondere dabei geholfen, entstehende Frustrationen und Verwirrung meinerseits produktiv umzulenken.

Christine

Das Modul empfand ich sowohl inhaltlich, als auch zeitlich herausfordernd, da parallel verschiedene Handlungsstränge zu bearbeiten waren, die sich zwar überschnitten, aber jeweils anspruchsvoll waren und hohen Einsatz erforderten. Gleichzeitig war meine Motivation sehr hoch, mich intensiv mit den Lehrinhalten zu beschäftigen, weil ich mir davon eine Wissenserweiterung für meine eigene berufliche Zukunft in der Erwachsenenbildung erhoffte und auch grundsätzlich den Anspruch an mich selbst habe, vom Studium „möglichst viel mitzunehmen“.

Aus meiner Sicht als Studierende wurde die Beteiligung tatsächlich zum größten Teil aus dem inhaltlichen Interesse heraus generiert. Ich habe deutlich mehr als die für den Leistungsnachweis erforderlichen zwei (kurzen) Beiträge geschrieben und auch zusätzliche Quellen recherchiert, weil ich das Thema einfach spannend fand und mehr dazu wissen wollte. Durch die nähere Beschäftigung mit der Lerntheorie von Klaus Holzkamp und deren gelebte Umsetzung in diesem Modul konnte ich für mich eine schlüssige Erklärung finden, wo der Haken beim fehlenden Theorie-Praxis-Transfer, nicht nur in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften, sondern bei Lernenden insgesamt liegen könnte.

Expansives Lernen fand für mich dabei auf mindestens zwei Ebenen statt: Zum einen in der Auseinandersetzung mit den Impulsen und den Gruppenaufträgen zum Modul von Seiten des Lehrenden, zum anderen aber auch in der Kooperation mit anderen Studierenden. Durch die kollaborative Zusammenarbeit in Gruppen konnte ich in vielen Fällen vom Wissen meiner Kommiliton:innen profitieren. Die Möglichkeit, im Rahmen der digitalen Lehre zeitversetzt an der Diskussion teilzunehmen, erlaubte intensives Nachdenken. Sie trug in meinem Fall dazu bei, dass ich mich deutlich tiefer in die Materie einarbeitete, teilweise Hintergrundliteratur oder ergänzende Bereiche recherchierte und den Bezug zu meinem Erfahrungswissen reflektierte.

Im Nachhinein betrachtet empfinde ich auch die Art der Leistungsbewertung als sehr motivierend und vor allem gerecht – die reflexive Bearbeitung des Prozesses und die subjektive Einschätzung des Ergebnisses unter Berücksichtigung der jeweils dafür eingesetzten Ressourcen hat zumindest in meinem Fall dazu geführt, dass ich mich zum einen im laufenden Prozess sehr stark engagiert und interessengeleitet gelernt und zum anderen im engen Austausch mit Lernpartner:innen den gemeinsamen Weg reflektiert und letztlich auch bewertet habe. So konnte ich im Rahmen der Gestaltung des Moduls eine Idee davon gewinnen, wie ich selbst Erwachsenenbildung gelingend gestalten möchte.

Reflexion auf diesen daraus entstandenen Beitrag

Die Entscheidung, die gemeinsamen Vorgehensweisen und unterschiedlichen Erlebnisse in diesem Modul schreibend aufzubereiten war eine zeitlich fordernde wie auch äußerst fruchtbare Angelegenheit für uns beide. Das Schreiben, wie auch die Diskussionen in unserem virtuellen Treffen zum Abgleich, hat uns in unseren unterschiedlichen Rollen ermöglicht, Einblick zu bekommen, was die jeweils andere „Seite“ dabei gedacht und geplant hat. Das ist ein echtes Lernprivileg, das sonst eher selten gewährt wird. Darüber konnten wir etwas Fundiertes dazu erfahren, was die jeweils andere Handlungslogik konkret bedeutet hat und was in bzw. mit dieser Logik erlebt worden ist.

Für mich als Lernende war das Schreiben dieses Artikels darüber hinaus eine lehrreiche Erfahrung, die zunächst mit einer großen und vor allem komplett neuen Herausforderung begann, da es sicher mehr als unüblich ist, als BA-Studentin nach Abschluss eines Moduls von einem Dozenten diesbezüglich angefragt zu werden. Gemischte Gefühle von Neugier über Ehre, Ehrgeiz, ganz viel Unsicherheit und Selbstzweifel, bis hin zu wachsendem Selbstbewusstsein und Stolz begleiteten meinen Schreibprozess.

Gleichzeitig empfinde ich es als große Chance, dass mir über das wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben ein eigener Lernprozess möglich war und begleitet wurde. Ein Vorgang, der mir sicher sowohl beruflich als auch persönlich zugute kommt und für den ich sehr dankbar bin. Über das Schreiben konnte ich mir die Inhalte erschließen, indem ich Erlebtes hinterfragte, entsprechend dazu recherchierte, wie die wissenschaftliche Meinung zu meinen eigenen Gedanken ist und auch wie ich mir meine zukünftige Rolle in der Erwachsenenbildung unter Einbezug der Erfahrungen in diesem Modul vorstellen kann. Auch hier habe ich wieder (wie schon im Modul selbst) viel Zeit und Energie aufgewendet, weil ich sowohl das Thema, als auch die Idee der reflexiven Beschreibung des Modulverlaufs aus zwei Perspektiven sehr spannend fand.

Für mich als Lehrender war das gemeinsame Schreiben eine gesteigerte Form des wissenschaftlichen Einordnens meines eigenen expansiven Lernens und dessen, was im Modul diesbezüglich passiert ist. Erlebt habe ich dabei mit Christine, wie engagiert Studierende wirklich sein können, wenn das expansive Lernen funktioniert. Besonders bewusst geworden ist mir beim Auswerten der wissenschaftlichen Literatur, wie eng verknüpft die Themen Partizipation, Motivation, expansives Lernen und der Leistungsnachweis sind. Überrascht hat mich dabei auch, dass Ruth Cohn in ihrem Aufsatz von 1974 bereits früh das Thema einer fremdgesteuerten Leistung als echtes Problem (expansiven) Lernens angesprochen hat. Das waren am Ende für mich wichtige Ergänzungen zur Lerntheorie von Klaus Holzkamp.

Insgesamt sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass wir mit der Aufbereitung in Form dieses längeren Textes sehr reflexiv aufgearbeitet haben was uns bewegt und umgetrieben hat. Die Verbindung mit der Lerntheorie von Klaus Holzkamp, wie auch den sonstigen wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu hat uns sehr gut ermöglicht, unsere er- und gelebte Praxis wissenschaftlich einzuordnen, also eine echte Theorie-Praxis-Verbindung herzustellen. Ein Aufwand, der sich auf der einen Seite extrem lohnt, auf der anderen Seite jedoch im täglichen Lehr- und Lernbetrieb äußerst selten, insbesondere in einer solchen Konstellation, realisierbar sein dürfte.

Fazit

Es gab gute Gründe für uns, insbesondere in Kapitel drei von der Theorie von Klaus Holzkamp abzuweichen und eine dritte Handlungslogik einzuführen. Das ist die Handlungslogik der jeweiligen Organisation, hier speziell also der Logik von Hochschulen. Diese Logik kommt in der Kultur und Gestaltung der Leistungsanforderungen und Leistungsüberprüfung zum Tragen.[28]Es gilt also nicht nur für die Frage der Nachhaltigkeit, dass sich Hochschulen und Universitäten in ihren Prozessen nachhaltig strukturieren und organisieren müssen (vgl. hierzu RAU & … Continue reading Vor dem Hintergrund der Lerntheorie Klaus Holzkamps sind wir jedoch erst einmal bei den beiden Sichtweisen von Lehrenden und Lernenden geblieben. Für die dritte Seite hätte uns der oder die richtige Ansprechpartner:in die fehlt. Ein wichtiges Forschungsanliegen, wie sich hier die Bezüge darstellen, wäre es allemal.

Eine spannende Frage, die es weiter zu erforschen gälte ist aus unserer Sicht die, inwiefern die oft äußerst rege Teilnahme an den Impulsen dem Umstand geschuldet war, dass es sich hier bereits von vornherein um ein Onlinestudium handelte, oder ob es dem Umstand der Koppelung an den Leistungsnachweis in dem Sinne geschuldet war, formal etwas beitragen zu müssen, dabei aber entsprechende Hilfestellungen zu bekommen und den Lehrbeauftragten beim Beantworten präsent zu erleben (vgl. speziell hierzu Grell & Rau 2010). Mit anderen Worten: möglicherweise wäre es als komplett freiwillige Aufgabe vielleicht unmöglich gewesen, die Diskussionen zu initiieren, weil die Handlungslogik der Studierenden dann eine andere gewesen wäre.

Die Quellen in Form der Forenbeiträge sind auf der Lernplattform noch vorhanden und waren uns ein wichtiges wissenschaftliches Mittel, unsere Handlungslogik adäquat analysieren zu können. Sie stellen als reflexive Beiträge häufig dar, was im Inneren der Studierenden vorgegangen ist. Um den Titel der häufig zitierte Metastudie von Hattie (2015) aufzugreifen haben uns gerade die Forenbeiträge und Diskussionen der anderen Studierenden, die wir analysiert und zum Teil zitiert haben, als „Epsitemologie der Praxis“ ermöglicht, das Lernen als Handlungslogik sichtbar zu machen.[29]Dabei schließen wir uns der Kritik von Walter Herzog (2014) vollumfänglich an, dass Hattie selbst gerade nicht das Lernen sichtbar gemacht hat, sondern wesentlich das Lehren, weil er es aus … Continue reading Möglicherweise haben wir sogar eine (individuelle) Fallstudie dazu produziert.

Als letzte wissenschaftliche Erkenntnis möchten wir am Ende darauf hinweisen, dass die Fragen von Partizipation, Motivation und expansivem Lernen nicht nur sehr eng mit der Nutzung sozialer Medien im Hochschulkontext verbunden sind, wie Rau & Grell (2010 & 2011) exemplarisch und sehr überzeugend belegen, sondern dass sich gegenüber der Lerntheorie von Klaus Holzkamp in ihrem (meistenteils nicht) erfolgreichen Einsatz eine dritte Handlungslogik zeigt: die Handlungslogik der Organisation Hochschule. Diese bestimmt sowohl die Handlungslogik der Lehrenden, als auch die Handlungslogik der Studierenden – mittels der Leistungsstandards und ihre beständigen Kontrolle, exemplarisch ausgedrückt im Leistungsnachweis – deutlich.[30]„Beide Male begegnet uns [bei Hattie] eine Metaphorik, die in der Geschichte der Pädagogik weit verbreitet ist: die Metaphorik des Sehens, Blickens, Überschauens und – daraus abgeleitet – der … Continue reading

Literatur- und Medienverzeichnis

Alle Internetlinks waren zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels aktiv. Insofern gilt als jeweils letzter Zugriff der 03.09.2023.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Das Augenmerk dieses Textes liegt also auf der Reflexion, wie Erwachsenenbildung in einem Modul der Erwachsenenbildung zum virtuellen Lernen der typischen Themen führen kann.
2 Dies bezieht sich zum einen kritisch auf die Metastudie von Hattie, die vorgibt, dass Lernen sichtbar zu machen. Demgegenüber hat Graham Nuthall immer wieder und deutlich empirisch heraus gearbeitet, dass allein durch die Beobachtung der Aktivitäten Klassenraum nicht auf die Lernprozesse geschlossen werden kann. Insofern ist unsere feste Überzeugung die, dass nur über eine nachträgliche Reflexion möglich wird, die Lernprozesse zu sehen und zu analysieren. Vgl. hierzu meinen Eintrag zu mathetischen Begründungen hier.
3 Gerade unter dieser Perspektive hilft die Lerntheorie von Klaus Holzkamp bei der Einordnung, weil die handlungstheoretische Perspektive auf eben jene Tiefenstrukturen blickt. „Mit der Einnahme des Subjektstandpunkts wechselt die lehr-lerntheoretische Perspektive vom Außenstandpunkt zum Standpunkt des lernenden Subjekts“ (Ludwig 2016, S. 13).
4 In der Tat hat mich (A.K.) das sehr offene und konstruktive Abschlussfeedback von Christine sowohl in der Idee bestärkt, einen Beitrag über dieses Modul zu schreiben, als auch überhaupt erst auf den Gedanken gebracht, diesen mit ihr gemeinsam und kollaborativ zu schreiben. Durch den realen zeitlichen Verlauf bestand und besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihr und mir, weil das Modul und seine Benotung bereits vorüber war.
5 Für weitere Detailangaben zum Studiengang ist die Webseite unter https://www.basa-online.de/ sehr empfehlenswert. Sie enthält alle notwendigen Angaben und Rahmenbedingungen. Auch der Modulkatalog ist auf der Seite unter https://www.basa-online.de/wp-content/uploads/2022/08/modulhandbuch_basa-online_stand_6_2020.pdf hinterlegt.
6 „Beide [Arten von Unterricht] verlangen, dass der Student seine ganze Anstrengung für Leistungen hergibt, die weder er noch sein Lehrer bestimmt haben und die weder seiner inneren Entfaltung, noch seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, noch den in der Welt notwendigen Erfordernissen Rechnung tragen“ (Cohn 1974, S. 626).
7 Da ist zum einen die Möglichkeit, virtuelle (Zoom) Sitzungen aufzuzeichnen und im Nachgang allen Studierenden zur Verfügung zu stellen, also ausdrücklich nicht nur denjenigen, die beispielsweise nicht an dem entsprechenden Meeting teilnehmen konnten. Gekoppelt an die Möglichkeit und auch Aufforderung, sich anhand von Reflexionsfragen mit Ablauf und Inhalten der Treffen auseinanderzusetzen und in einem entsprechenden Forum zu posten.
8 Auch der Umstand, dass es zwar vielfach an den Hochschulen eigene Abteilungen gibt, die sich der Didaktik und Verbesserung der Lehre widmen, gibt insofern zu denken, als dem bisher eher selten eine entsprechende mathetische Abteilung zugeordnet oder erkennbar ist, die sich mit der Verbesserung der Lernprozesse beschäftigt. Auch wenn es die Intention ist lässt sich empirisch immer wieder zeigen, dass mit einer guten didaktischen Absicht nicht automatisch auch gute Lernprozesse initiiert werden können (vgl. hierzu vor allem Nuthall 2007).
9 Dies geht bis hin zu Berichten, dass ein Auswendiglernen „zu besseren Noten“ führt„als eigenständiges Denken und Hinterfragen“ (Grell & Rau 2011, S. 18).
10 „But this way of ‚playing the game‘ is neither a form of participation nor will it lead automatically to learning. It is a strategy to cope with the situation and is an adaptation to the ‚hidden curriculum‘” (Grell & Rau 2010, S. 5).
11 Alle „didaktischen Zurichtungen“ (Holzkamp 1996, S. 31), die Lehrende anwenden, um mit diesen Rahmenbedingungen vernünftig umzugehen, stellen in den Augen von Klaus Holzkamp einen vergeblichen Versuch dar, Lerner:innen zu dem zu bringen, was eigentlich in ihrem ureigensten Interesse sein müsste: sich die Studieninhalte eigenständig anzueignen.
12 Die Unterscheidung in verschiedene Formen von Feedback ist notwendig, denn oft genug ist mit Feedback gar nicht Feedback gemeint, sondern lediglich eine Rückmeldung angezeigt. Feedback in dem Sinne, wie es beispielsweise die Gruppendynamik entdeckt und mit entsprechenden Regeln versehen hat, ist davon deutlich getrennt. Ein solches Feedback ist genauso wie das expansive Lernen erst dann zu erreichen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
13 Die Lerntheorie von Klaus Holzkamp stellt insofern die reglementierende und didaktische Funktion von Lernen im Sinne von „belehrt werden“ gründlich in Frage. Er spricht mit seiner Theorie auch nicht über Lernsubjekte, sondern quasi mit ihnen und versucht, Lerngründe zu entdecken (vgl. Holzkamp 1993, S. 14 ff).
14 Klaus-Peter Wild (2005) unterscheidet bezüglich der Lernstrategien an Hochschulen zwischen der Oberflächenstrategie von Wiederholungen und tiefen Strukturen des komplexen und sinnverstehenden Lernens. „Wiederholungsstrategien gelten in diesem Zusammenhang eindeutig als Oberflächenstrategien, da diese Lernstrategien nur einen geringen Informationsverarbeitungsgrad aufweisen und daher auch nur sehr bedingt ein verständnisorientiertes Lernen fördern können“ (S. 197).
15 Nicht umsonst ist einer der wichtigsten Hinweise für neue Lehrende in einem Studiengang, wie er auch mir (A.K.) gegeben worden ist, von Anfang an ganz transparent zu machen, welche Art von Leistungsnachweis verlangt wird und vor allem, wie beurteilt werden wird. Entsprechend wird auch die Lernstrategie der Studierenden aussehen: sie wird auf Wiederholungen ausgerichtet.
16 Dazu gehören insbesondere meine Anfänge als Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam 2012/13 am Lehrstuhl Erziehungswissenschaften von Joachim Ludwig (Campus Golm). Weder wollte, noch konnte ich von München aus klassische Vorlesungen machen. Deshalb habe ich von Anfang an Blended-Learning Formate – gestützt auf Moodle der Universität Potsdam – praktiziert. Durch das systematisch eingeforderte Feedback der Studierenden konnte ich diese Art der Lehre für mich sehr gut (und auch weit vor Corona) weiterentwickeln.
17 Insofern habe ich seiner Theorie – insbesondere in der Form des expansiven Lernens – auch im Modul Platz eingeräumt und den Aufsatz „Lehren als Lernbehinderung?“ (1991) als einen der Impulse gewählt. Mit einer aus meiner Sicht überwältigenden Resonanz vieler Teilnehmer:innen.
18 Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass beispielsweise Hilzensauer (2006) als methodischen Ansatz reflexiven Lernens eine „dialogische Kommunikation“ bzw. Dialotische Didaktik vorschlägt. „Die Dialogische Didaktik orientiert sich dabei am Grundmuster des Gesprächs, welches in schriftlicher Form geführt und dokumentiert wird“ (a.a.O., S. 11). Reflexive Lehrmethoden begünstigen als methodische Werkzeuge zwar reflexives Lernen, können es aber nicht per se bzw. ohne (tutorielle oder professionelle) Begleitung initiieren. Auch kann die „Fähigkeit, diese Lernprozesse durch Reflexion eigenständig und selbstbestimmt zu steuern [...] nicht a priori bei den Lernenden vorausgesetzt werden“ (a.a.O., S. 1).
19 „For team psychological safety to be a group-level construct, it must characterize the team rather than individual members of the team, and team members must hold similar perceptions of it“ (Edmondson 1999, S. 354f).
20 Erst ein solches Vorgehen ermöglicht es, die Evaluation selbst als weiteren wichtigen Schritt expansiven Lernens zu etablieren. „When using a correct assessment system, students perceive assessment as a motivating and productive part of their education because this procedure informs them if they are good at learning and are able achieve proposed goals“ (Amo & Jareño 2011, S. 41).
21 Eine für mich genauso wichtige Erfahrung ist regelmäßig die, dass die Selbstevaluation der Studierenden im Prinzip sehr gut funktioniert und bezüglich dessen, was sie evaluieren sollen, eigentlich auch recht zielgenau ist. Da ich selbst nie in dem Sinne abfrage, dass mir die Studierenden abgespeicherte Inhalte wiedergeben, sondern sie zu ihren eigenen Erfahrungen und Positionen Stellung beziehen sollen, ist das eine äußerst hilfreiche und entlastende Erfahrung, denn genau damit kann ich mich recht uneingeschränkt der Impulsdiskussion widmen.
22 Vermutet oder unterstellt wurde sogar oft, der Dozent hätte die Erwartung, zumindest ein Teil der Studierenden würde das eigene Engagement oder das Ergebnis der Gruppenarbeit als weniger gut einschätzen und so eine schlechtere Leistungsbeurteilung begründen.
23 Entsprechend unterscheiden beispielsweise Faulstich & Grell (2003) Lernwiderstände theoretisch als Hemmnisse sozialer Strukturen, institutioneller Schranken und/oder biografischer Gründe, die sich phänomenologisch äußerst unterschiedlich äußern können.
24 Miro ist als konkretes digitales Werkzeug ein im Prinzip unendlicher Canvas bzw. eine unendliche Pinwand, wie auch Mural oder Concept Board. Allerdings mit wesentliche mehr Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung. Insbesondere prozessuale Zusammenhänge und Verläufe können hierüber besser abgebildet – und entwickelt – werden, als mit den üblichen Tools.
25 Beispielsweise dadurch, dass bereits die auf sehr ausführlichen Beiträge der Studierenden, wenn sie über ihre Themen nachgedacht haben, als zu lange im Sinne eines hohen Leseaufwandes gedeutet wurden. Dabei habe ich immer wieder betont, dass die Beiträge auch kurz sein können, dass ich also keine seitenlange Abhandlungen erwarte.
26 Was beispielsweise bedeutet, die Literatur- und Medienauswahl so vorzunehmen, dass sie auch wirklich bearbeitet werden können, also nicht nur gelesen werden sollen. Das scheitert oft schon aufgrund der Fülle und steht im starken Kontrast dazu, dass die Inhalte auch verarbeitet im Sinne von diskutiert werden müssen, damit wirklich gelernt werden kann. Auch hierzu gab es im Rahmen dieses Moduls Rückmeldungen von Seiten der Studierenden, weil der hinterlegte Literatur- und Medienpool, den ich von der Vorgängerin übernommen hatte, die Studierenden schier erschlagen hat. Sie waren der Meinung, sie müssten das alles lesen und bearbeiten, bis ich das realisiert und entsprechend gerade gerückt habe (dass der Pool nur bei Interesse einen möglichen Rückgriff auf Literatur bedeutet).
27 Was übrigens wunderbar ergänzt wird, wenn – wie im Falle dieses Moduls bzw. dieser Gruppe – die Studierenden von sich aus weiterführende Literatur und Medien einbringen.
28 Es gilt also nicht nur für die Frage der Nachhaltigkeit, dass sich Hochschulen und Universitäten in ihren Prozessen nachhaltig strukturieren und organisieren müssen (vgl. hierzu RAU & RIECKMANN 2023), sondern auch ganz allgemein. Hochschulen müssen einen Blick auf ihr Herzstück, nämlich die zu gestaltenden Lernprozesse in Zusammenhang mit den Leistungsanforderungen und -überprüfungen richten, um expansives Lernen zu ermöglichen. Das kann als alleinige Aufgabe der Lehrbeauftragten nicht funktionieren.
29 Dabei schließen wir uns der Kritik von Walter Herzog (2014) vollumfänglich an, dass Hattie selbst gerade nicht das Lernen sichtbar gemacht hat, sondern wesentlich das Lehren, weil er es aus Aktivitäten abgeleitet hat. „Wie kann ein Lehrer einen Vorgang, der nicht in seinem eigenen Inneren, sondern im Inneren eines Schülers vor sich geht, sehen und sichtbar machen“ (S. 131, kursiv im Original)? Oder, wie es Graham Nuthall ausgedrückt hat:„This myth deals with the problem that learning is invisible and cannot be seen in the activity of the teacher or student“ (2005, S. 922).
30 „Beide Male begegnet uns [bei Hattie] eine Metaphorik, die in der Geschichte der Pädagogik weit verbreitet ist: die Metaphorik des Sehens, Blickens, Überschauens und – daraus abgeleitet – der Überwachung und Kontrolle“ (Herzog 2014, S. 140).